Wagner, Richard
Parsifal
Im Festspielhaus Baden-Baden kooperiert man seit einiger Zeit recht erfolgreich mit international renommierten Opernhäusern und bringt aufwändige Produktionen als Gemeinschaftsarbeit heraus. Ein im Sommer 2004 besonders erfolgreich inszenierter Parsifal, der zuvor in London, San Francisco und Chicago zu sehen war, liegt nun auf DVD vor. Baden-Baden verpflichtete hierfür das Deutsche Symphonie-Orchester Berlin unter der Leitung von Kent Nagano, der durch wohltuend fließende Tempi kein falsches Pathos aufkommen lässt und mit seinen Musikern wunderbare Klangschattierungen erzielt.
Nagano liegt damit genau auf derselben Wellenlänge wie Regisseur Nikolaus Lehnhoff, der das Bühnenweihfestspiel wenig weihevoll inszeniert. Vielmehr geht es ihm darum aufzuzeigen, wie die streng militärisch organisierte Gesellschaft der Gralsritter in eine erstarrende Endzeitstimmung geraten ist, aus der sie nur der Heilsbringer Parsifal erlösen kann. Es sind teilweise erschütternde Bilder der Gralswelt, die im Gedächtnis haften bleiben. Leider gelingt es dem Regisseur nicht in gleichem Maße, die Welt von Klingsors Zaubergarten adäquat in Szene zu setzen, dessen Blumenmädchen wenig verführerisch wirken.
Interessant Lehnhoffs Idee, am Ende des Werks anders als bei Wagner vorgesehen Parsifal und Kundry gemeinsam in ein Licht am Ende des Menschheitstunnels (Lehnhoff) gehen zu lassen; ein per aspera ad astra, das vielleicht eine bessere Zukunft bedeutet. Die Inszenierung ist in sich schlüssig und besticht durch eine intelligente Personenführung, was bei anderen Regisseuren des Parsifal in jüngster Zeit ja keineswegs selbstverständlich war.
Allerdings kann sich Lehnhoff auch auf exzellente Protagonisten verlassen, von denen zumindest einige schon seit vielen Jahren zu den weltweit führenden Vertretern ihrer Partien gehören. Das gilt für Matti Salminen, der den Gurnemanz mit seiner charakteristischen, immer noch imposanten Stimme würdevoll gestaltet, ebenso wie für Waltraud Meier, die die Kundry nicht nur stimmlich, sondern vor allem auch in den vielen Facetten ihrer Darstellung zum Ereignis werden lässt. Szenisch überzeugend auch Thomas Hampson, für den die Rolle des Amfortas aber sicherlich eine Grenzpartie ist; es bleibt zu hoffen, dass diesem exzellenten lyrischen Bariton der Ausflug ins Heldenfach nicht schadet. In der Titelrolle lässt der Engländer Christopher Ventris mit sympathischer, höhensicherer Stimme aufhorchen; Tom Fox ist ein überzeugender, routinierter Klingsor. Beachtlich die Leistung des Festspielchors Baden-Baden, bei dem es sich ja nicht um ein ständiges Kollektiv handelt.
Klang und Bildqualität dieser DVD sind ausgezeichnet; eine ruhige, intelligente Kameraführung macht die Aufführung auch für diejenigen zum Genuss, die nicht in Baden-Baden live dabei waren. Als Bonus enthält die DVD eine Dokumentation dieser Produktion, in der neben Dirigent und Regisseur auch einige Sänger zu Wort kommen.
Thomas Lang