Schumann, Robert

Ouvertüre, Scherzo und Finale E-Dur op. 52

hg. von Peter Jost

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Breitkopf & Härtel, Wiesbaden 2012
erschienen in: das Orchester 02/2013 , Seite 62

Als Symphonette bezeichnete Robert Schumann das heute als Ouvertüre, Scherzo und Finale bekannte Werk, als Suite, als Novelle für Orchester oder als Symphonie in einem kleineren Kreis. Mit dem im Frühjahr 1841 unmittelbar nach der ersten Sinfonie entstandenen Werk versuchte er ein neues Konzept zu entwickeln, mit dem er sich auch nach dem Zeitpunkt der Erstveröffentlichung des Stimmenmaterials 1846 weiter auseinandersetzte; die letzten Retuschen erfolgten im Jahr 1853 im Vorfeld der Erstausgabe der Partitur, zu einer Zeit also, als sich Schumanns ästhetisches Konzept grundsätzlich gewandelt hatte. Nicht so sehr der Notentext war hier betroffen, sondern vor allem die Metronomangaben, die teilweise extrem abweichen (1853 wurden die Tempi deutlich reduziert, im Kopfsatz etwa von Viertel = 80 und später Halbe = 138 auf 60 bzw. 108).
Gerade weil diese späteren Eingriffe nicht den Notentext betreffen, sondern vielmehr die Gesamtästhetik der Komposition, sind sie wichtig für die Kenntnis und auch das Verständnis des Werks; eine interpretatorische Entscheidung kann man hieraus aber nicht ableiten. Doch betrachtet man die Permutationen der Komposition von 1841 bis 1846, so wird klar, dass auch hier bereits essenzielle ästhetische, hier auch und primär den Notentext betreffende Neueinordnungen erfolgten – besonders augenfällig etwa in der Veränderung der musikalischen Faktur vom Kammermusikalisch-Raffinierten hin zum Großflächiger-Orchestralen. Es ist nicht überraschend, dass auch die folgende sinfonische Komposition zeitlebens Arbeitsthema für Schumann blieb und, obschon im Kern unmittelbar nach Ouvertüre, Scherzo und Finale entstanden, erst 1853 als Sinfonie Nr. 4 op. 120 im Druck erschien.
Nach zwölf Jahren legt nun Peter Jost in der Folge der Edition der Neuen Schumann-Ausgabe (Serie I, Werkgruppe 1, Bd. 5) eine Neuausgabe des Werks vor. Warum, bleibt unerfindlich, ist doch die Edition Sonja Gerlachs unter Mitarbeit von Matthias Wendt (Schott, Studienpartitur bei Eulenburg) bis heute exemplarisch. Die Tiefe der neuen Einleitung zeigt, dass hier die Neuausgabe deutlich weniger bietet als der Gesamtausgaben-Band (eben weil beispielsweise die Genese des Werks nur in extremer Kürze behandelt werden kann), während die Edition selbst kaum abweicht, im Gegenteil bis auf Formulierungen selbst der Kritische Bericht, soweit in beiden Ausgaben vorhanden, weitgehend identische Editionsentscheidungen bietet. Wo aber die Neue Schumann-Ausgabe mit viel Platz die Abweichungen der verschiedenen Fassungen präsentieren kann, verkürzt Jost teilweise über Gebühr extrem. Neuen Erkenntnisgewinn bietet die neue Ausgabe somit nicht, zumal sie preislich fast zu hundert Prozent über der Eulenburg-Studienpartitur rangiert.
Jürgen Schaarwächter