Romberg, Andreas
Ouvertüre Es-Dur zur Oper “Die Großmut des Scipio” / Potpourri A‑Dur nach Melodien der Oper “Don Juan” von Mozart für Violine und Orchester op. 47 / Die Kindsmörderin op. 27 / Sinfonie Nr. 1 Es-Dur op. 6
Außerhalb von musikhistorischen Fachkreisen dürften Name und Werk des Komponisten Andreas Romberg wenn überhaupt nur durch seine noch gelegentlich aufgeführte Vertonung von Schillers Glocke bekannt sein. Die jüngste CD der Reihe Musik am Gothaer Hof (Es-Dur über Klassik Center Kassel) bietet nun einen ansprechend-facettenreichen Querschnitt des Schaffens des Komponisten, der Aufmerksamkeit verdient hat.
Geboren wurde Andreas Romberg, der einer weit verzweigten Musikerfamilie entstammt, am 27. April 1767 im westfälischen Vechta. Romberg, der als Geiger ausgebildet wurde, konzertierte häufig mit seinem Vetter Bernhard, dem angesehenen Cellisten. Mit ihm unternahm er Konzertreisen, die die beiden auch nach Wien führten. Hier hatte Romberg Kontakt zu Joseph Haydn und Ludwig van Beethoven. 1802 kam Romberg nach Hamburg, wo er als Dirigent, Geiger und Komponist wirkte. Zum abschließenden Karriereabschnitt wurde seine Zeit als Hofkapellmeister der Thüringischen Residenzstadt Gotha, wo er bis zu seinem Tod 1821 als Nachfolger von Louis Spohr wirkte. So ist es auch sinnvoll, Andreas Romberg eine CD in der Reihe Musik am Gothaer Hof zu widmen.
Aus dem reichhaltigen Schaffen des Komponisten, der Sinfonien, Konzerte, vor allem für Violine, Kammermusik, immerhin acht Opern sowie eine beachtliche Zahl von weltlicher und geistlicher Vokalsinfonik schrieb, wurden für die CD die erste Sinfonie Es-Dur op. 6, die Ouvertüre Es-Dur op. 54 zur Oper Die Großmut des Scipio, die Szene Die Kindsmörderin nach Schiller für Sopran und Orchester sowie das Potpourri A‑Dur für Violine und Orchester nach Mozarts Don Giovanni ausgewählt. Besonders die Es-Dur-Sinfonie und die Scipio-Ouvertüre verweisen in Form und Inhalt auf die Wiener Klassik, bei der Sinfonie ist die Haydn-Nähe besonders ausgeprägt. Was Romberg fehlt, wird durch das Don Giovanni-Potpourri deutlich, dessen wirbelnde virtuosen Geigenfigurationen schon in die frühe Romantik verweisen. Denn bei aller handwerklichen Solidität mangelt es Romberg an jenem melodisch-harmonischen Einfallsreichtum, der sich bei Mozart in dem Duett La ci darem la mano, der Champagner-Arie Don Giovannis und dem Menuett aus dem ersten Finale der Oper niederschlägt.
Dafür hat die Musik Rombergs in der Geigerin Antje Weithaas eine Interpretin, die weit über die virtuose Beherrschung des anspruchvollen Geigenparts hinaus die Musik zum Leben erweckt. Interesse erwecken kann aber auch die Kindsmörderin nach Schillers gleichnamiger Ballade. Mit kraftvoll-ausdrucksstarkem lyrischen Sopran bietet Anke Hoffmann unterstützt von der Mitgliedern der Suhler Singakademie sowie der Thüringen Philharmonie Gotha-Suhl unter Hermann Breuer ein packendes Porträt der jungen Mutter, die, von ihrem Liebhaber im Stich gelassen, aus Verzweiflung ihr Kind tötet und dafür hingerichtet wird. Breuer und die solide aufspielende, in den Streichern bisweilen etwas gehärtet klingende Philharmonie setzen sich auch mit Nachdruck für die Scipio-Ouvertüre und die Es-Dur-Sinfonie Rombergs ein. Ob dieser Einsatz hingegen ausreicht, das Schaffen des Komponisten einem breiteren Publikum nahe bringen zu können, darf bezweifelt werden.
Walter Schneckenburger