Orchestral Music of the Schuncke Family
Wer schrieb außer Brahms ein Doppelkonzert für Violine und Violoncello mit Orchester? Hier wäre noch eines: Komponiert 1840 vom damals 17-jährigen Hugo Schuncke (1823-1909) als Concertante wohl für sich selbst und seinen Cellisten-Bruder Adolf (1820-1888) hochromantisch, fantasievoll, auftrumpfend beginnend, verträumte Passagen einstreuend, mit anrührenden Duett-Melodien im Mittelsatz und endend in einem übermütigen und technisch anspruchsvollen Rondo-Schluss à la polacca!
Die Brüder entstammen einer erstaunlichen Musikerdynastie: 25 Berufsmusiker in vier Generationen nennt August Gathys Musikalisches Conversations-Lexikon von 1840. Die Sippe beginnt mit dem Merseburger Johann Gottfried Schuncke (1742-1807), Bäcker und begabter Waldhornist. Diese seltsame Doppelbegabung setzte sich wundersam in seinen Nachkommen fort, so online nachzulesen auf www.schuncke-archiv.de, von denen viele neben dem Brotbacken auch das Hornspiel pflegten und damit sogar Karriere machten. Das gilt schon für sieben Söhne, unter ihnen Johann Gottfried II. (1777-1861) und Johann Michael (1778-1821), denen das Publikum zujubelte Gathy nennt sie die größten Hornvirtuosen ihrer Zeit.
Die drei Werke dieser begrüßenswerten CD stammen vom bereits genannten Hugo, der neben Geige auch Klavier- und natürlich Hornspiel gelernt hatte, dann von Herrmann (1825-1898), der im Königlich Preußischen Orchester als Hornist wirkte, beide aus der dritten Generation. Johann Christoph (1791-1856) gehört als Hugos Onkel noch zur zweiten.
Er stand in Diensten des Großherzogs von Baden und bereiste als Hornvirtuose erfolgreich ganz Europa.
Die dreifaltige Schuncke-Musikmischung ist für den Musikfreund ein Glücksfall: Neben Hugos schon genannter Doppelkonzert-Concertanten ist Johann Christoph Schunckes dreisätziges Horn-Concertino ein Reißer: hochvirtuos, wunderbar klangselig bestes Konzertfutter für reisende Meisterhornisten! Peter Damm, vormals Solohornist der Sächsischen Staatskapelle, schreibt in seinem Editions-Vorwort, dieses Concertino sei stilistisch unüberhörbar von Weber, Spohr und Danzi beeinflusst und dokumentiere eine außerordentlich virtuose Beherrschung des Ventilhorns durch den Komponisten, der es vielleicht verstanden habe, traditionelle Naturhorntechnik mit neuer Ventiltechnik zu kombinieren. Robert Langbeins Interpretation des Hornparts bewirkt schiere Begeisterung, so perfekt modelliert der heutige Dresdner Solohornist abwechselnd halsbrecherisch Virtuoses und sonoren Horngesang zu anrührenden Klängen. Schade nur, dass dieses Concertino kaum 15, Hugos Concertante auch nur fast 25 Minuten dauert
Ein wenig entschädigt dafür Hermann Schunckes B-Dur-Sinfonie von 1850. Die einfallsreiche Vielfalt der vier Sätze an eingängigen und gefühlvollen Melodien, sogar mit klassischen Zitaten, kann sich neben den frühen Sinfonien Webers von 1807, auch neben anderen Jugendsinfonien der Zeit etwa von Saint-Saëns oder Bizet durchaus behaupten: Kein Wunder, dass nach ihrer Wiederaufführung die Baden-Badener Philharmonie das Werk immer wieder auf den Spielplan setzen muss!
Diether Steppuhn