Travis Newton

Orchestra Management Handbook

Building Relationships in Turbulent Times

Rubrik: Rezension
Verlag/Label: Oxford University Press
erschienen in: das Orchester 02/2024 , Seite 60

Wer sich in der Vergangenheit einen Überblick über das Management von nordamerikanischen Orchestern verschaffen wollte, musste diverse Einzelpublikationen, das Magazin Symphony oder verschiedene Online-Quellen durchsuchen. Mit dem Buch von Travis Newton gibt es nun erstmals eine Publikation, die das Orchestermanagement aus US-Perspektive zusammenfassend betrachtet. Anders als in Deutschland muss sich das Orchestermanagement viel kleinteiliger um die allgemeine Beziehungspflege rund um das Orchester und das Fundraising für die jeweilige Saison kümmern.
In der Welt des Orchestermanagements gibt es drei Systeme: überwiegend öffentlich finanziert, überwiegend nicht öffentlich finanziert oder auf Projektbasis (dann meist gemischt finanziert). Die überwiegend öffentliche Finanzierung oder Trägerschaft ist in Europa, Asien und auch in Lateinamerika weit verbreitet, die private eher in den USA und teilweise in Großbritannien. Während rein künstlerisch der Orchesterbetrieb mit Proben, Aufführungen und Tourneen weltweit weitgehend identischen Grundregeln folgt, führen die unterschiedlichen Trägerschafts- und Finanzierungsstrukturen zu einem grundsätzlich anderen Managementansatz.
Im ersten Kapitel werden die Grundlagen und wesentlichen Aufgaben des US-Orchestermanagements angesprochen. Das zweite Kapitel befasst sich mit den internen Strukturen, die sich insbesondere durch ein meist ­ehrenamtlich tätiges Board of Directors und zahlreiche weitere Abteilungen von den eher schlanken Strukturen öffentlich finanzierter Orchester unterscheiden. Das dritte Kapitel beleuchtet die Herausforderungen, ehrenamtliche Gremien und hauptamtliche Mitarbeiter optimal zu führen und zu steuern. Die folgenden Kapitel zu Community Relationship und Artistic Planning behandeln inhaltlich das, was auch bei europäischen Orchestern meist als Standard hierzu gesehen werden kann.
Das Kapitel zum Finanzmanagement erläutert die Budgetaufstellung. Eng damit zusammen hängen die Fragen des Aufbaus nachhaltiger Beziehungen zu verschiedenen Stakeholdern und vor allem die Sicherung des Wohlwollens privater Geldgeber. Hier spielen naturgemäß Marketing und PR eine wichtige Rolle. Mit das wichtigste und letztlich für alle Orchester bedeutsamste Thema ist die Relevanz. Hier geht es weniger darum, alte Türen breiter zu machen, sondern neue Türen für potenzielles Publikum zu finden und zu öffnen. Das letzte Kapitel vereint Tipps erfahrener Orchestermanager und zahlreiche Links. Organigramme, ein Glossar und ein Stichwortverzeichnis runden das Buch ab. Erfahrene Orchestermanager werden das Buch ebenso mit Gewinn lesen wie Interessierte, die sich in das Fachgebiet erst einarbeiten wollen.
Gerald Mertens