Rossini, Verdi, Puccini u.a.

Opera!

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Berlin Classics 0300547BC
erschienen in: das Orchester 02/2014 , Seite 76

Opera! ist eine sehr persönliche CD. Sharon Kam bekennt sich zu ihrer Liebe zur Oper, hat aber als Klarinettistin keine Chance, tiefer in das Metier einzudringen, es sei denn, sie begibt sich in den Orchestergraben und bläst dort die Klarinettensoli oder sie spielt einige zumeist als Fantasien über ein Opernthema bezeichnete brillante Variationenwerke, die im 19. Jahrhundert als Virtuosenstücke oft von (italienischen) Klarinettisten selbst geschrieben wurden. Das tat sie nicht. Stattdessen hat sie zusammen mit Andreas N. Tarkmann eigene Ideen entwickelt und sich die Werke für die vorliegende CD von ihm effektvoll arrangieren lassen. Daraus ist eine Art Potpourri mit italienischen Opernarien bzw. adaptierten opernnahen Kompositionen geworden, die nach wenigen Minuten Spieldauer aufeinander folgen – aber erfreulicherweise unter Verzicht auf allzu Populäres.
Fündig wurde Sharon Kam bei der Programmauswahl ihrer Opernmusik ohne Worte bei Gioacchino Rossini mit einer Arie aus der unbekannten Oper Maometto II, dem Finale aus La Cenerentola und einem Bolero aus einer Liedersammlung, bei Giuseppe Verdi mit vier Romanzen aus den Composizioni da camera und bei Giacomo Puccini, von dem drei Canzonen bearbeitet wurden. Die einzige originale Komposition stammt von Amilcare Ponchielli, einem Zeitgenossen Verdis, dessen Trio Paolo e Virginia für Klarinette, Violine und Klavier hier in einem wirkungsvollen Orchesterarrangement erklingt. Im Stil eines Liebesduetts agiert Sharon Kam mit dem Geiger Zohar Lerner in den Solopartien. Schließlich ist noch Ermanno Wolf-Ferrari mit vier Umarbeitungen von Instrumentaleinlagen aus seinen Opern Susannas Geheimnis, Die vier Grobiane und Der Schmuck der Madonna vertreten, die sich zu einer abwechslungsreichen musikantisch-beschwingten Suite fügen. Die Arrangements von Andreas N. Tarkmann und Jonathan Seers (Verdi) sind in enger Zusammenarbeit mit der Klarinettistin entstanden, wie der Booklet-Text verrät, sodass alle Wünsche der Solistin erfüllt wurden.
Die Klarinette singt wortlos, vollführt atemberaubende „Koloraturen“, gefällt sich hie und da in Spitzentönen und lotet die Expressivität der Melodielinien aus. Da bleiben keine Wünsche offen, wenn auch die ganz große Leidenschaft einer Opern-Primadonna hier nicht zum Tragen kommt.
Das Württembergische Kammerorchester Heilbronn unter der Leitung des armenischen Dirigenten Ruben Gazarin begleitet die Virtuosin mit dem nötigen Respekt, erreicht aber klanglich manchmal die Grenze, so dass sich der zu erwartende große Orchesterklang nicht einstellt. Auch könnte man sich bei einigen Begleitfiguren einen leichter federnden Rhythmus vorstellen.
Nach dem Hören von Opera! stellt sich allerdings noch die Frage nach dem musikalischen Wert dieser Einspielung.
Heribert Haase