Herfurtner, Rudolf

Ohne Musik ist alles nichts

Geschichten von Bach bis Elvis Presley

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: Carl Hanser, München 2008
erschienen in: das Orchester 09/2008 , Seite 61

Ein kindlich-lustig wirkender, schwarz-befrackter Maestro dirigiert, auf der Erdscheibe stehend, den blauen Nacht-Noten-Himmel – so ist das Cover eines Buchs gestaltet, das, unter der Prämisse, dass ohne Musik alles nichts sei, Geschichten über Musik enthält. Geschrieben hat diese Geschichten der als Kinderbuch- und Theaterautor bekannt gewordene Rudolf Herfurtner, und er schreibt sie, wie es der kleine Dirigent schon ahnen lässt, vor allem für Kinder – freilich nicht nur.
Fünfzehn Kapitel enthält das Buch – jedes so aufgebaut, dass es sowohl Informationen zur Musikgeschichte als auch eine jeweils hierzu passende Geschichte bereithält. Da wird z.B. über den gregorianischen Choral, über Stadtpfeifer und Minnesänger berichtet und daraufhin die Geschichte vom kleinen Laurenz erzählt, der zufällig den Wettstreit berühmter Minnesänger beobachtet und dabei den bösen Zauberer Klingsor entlarvt.
Herfurtners Gang durch die Musikgeschichte – von ihm selbst als Promenade durch eine Bildergalerie bezeichnet – hat einen klar erkennbaren, nämlich chronologischen Faden. Der Autor beginnt mit einem Märchen über einen singenden Knochen; streift die Welt der antiken Götter und Nymphen, in denen Leier und Panflöte vorkommen; kommt, nach Hinweisen auf Mittelalter und Renaissance, auf die Oper zu sprechen; um dann auf die großen Komponisten wie Händel, Bach, Mozart, Beethoven genauer einzugehen. Das 19. Jahrhundert wird nicht nur mit zahlreichen Informationen zu Komponisten und Musikgattungen versehen, sondern auch mit Märchen, etwa zu Lohengrin oder zu Spielzeugfiguren. Den Abschluss des Spaziergangs durch die Musikwelt bildet eine Geschichte zum märchenhaften Aufstieg von Elvis Presley.
Was Herfurtners Text beabsichtigt, ist klar erkennbar: narrativ, unterhaltsam und durchaus lehrreich in die Welt der Musik einzuführen. Dazu passt sehr gut, dass dem Buch eine CD mit 22 Hörbeispielen beigegeben ist, die – von Monteverdi bis Debussy, von der Gregorianik bis John Cage – das Gelesene musikalisch anschaulich machen. Text und Musik sind klar erkennbar aufeinander bezogen.
Bliebe die Frage zu beantworten, wie Herfurtners Buch musikdidaktisch zu systematisieren wäre. Die Themen des Buchs lassen sich unschwer in die Kategorien „Klassik“, „Meisterwerk“, die „großen Komponisten“ subsumieren. Was indes nicht vorkommt – nicht einmal in dem Elvis-Kapitel – ist, inwiefern Musik nicht-musikalischen Kategorien wie der der Gesellschaft verpflichtet ist. Das Ausblenden von dem, was den reinen Kunstbegriff bedrohen könnte, spiegelt sich auch in den Geschichten selbst wider: Zumeist sind es eben Märchen, Sagen, Idyllen, Traumfantasien. Woran Herfurtners Buch anknüpft, ist ein Konzept, das reformpädagogisch gesättigt der Idee musischer Bildung anhängt.
Dieses Konzept wurde in neuerer Zeit durch die Idee einer ästhetischen Bildung ersetzt, die einen kognitiv-rationalen, fächerübergreifenden Zugang zu künstlerischen Themen sucht. Freilich: Einer solchen Idee würde sich der kleine Dirigent vom Cover nicht fügen wollen – sein Nachthimmel wäre dann bar jeglicher Idylle.
Winfried Rösler

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