Hippe, Stefan

Offertorium

für drei Fagotte und Kontrafagott, Partitur und Stimmen

Rubrik: Noten
Verlag/Label: edition gravis, Bad Schwalbach 2005
erschienen in: das Orchester 12/2006 , Seite 87

Ungewöhnlich ist sicherlich die kompositorische Idee, ein Werk für diese Besetzung mit einem sakralen Bezug zu schreiben. Offertorium ist ein Teil der katholischen Messe und bezeichnet den Gesang, der die Gabendarbringung des heiligen Opfers in der Messfeier begleitet. Der Impuls zu dieser Komposition kam von Karsten Nagel, dem ehemaligen Solofagottisten des Bayerischen Staatsorchesters und jetzigen Fagottprofessors der Hochschule für Musik in Augsburg. Mit der Formation „Fagotti Parlandi“ wurde Offertorium im Rahmen des „Fränkischen Sommers“ am 31. Juli 2005 uraufgeführt und war danach auch mehrfach in Konzerten zu hören.
Der Titel und die Besetzung dieses Unikats wecken das Interesse am Komponisten. Stefan Hippe (geb. 1966) studierte in Nürnberg und Würzburg Akkordeon, Komposition und Dirigieren. Für seine rund sechzig Werke erhielt er zahlreiche Kompositionspreise. Als Solist, Ensemblemitglied und Dirigent wirkte er mit bei zahlreichen Aufführungen zeitgenössischer Musik. Er ist einerseits als freischaffender Komponist tätig, unterrichtet außerdem seit 1999 an der Musikschule Nürnberg und hat seit 2004 einen Lehrauftrag an der Universität Erlangen/Nürnberg.
Offertorium entstand als Studie oder Vorarbeit zu seinem in Arbeit befindlichen, noch nicht vollendeten Requiem. Jede Stimme ist sehr anspruchsvoll. Das Werk besteht aus zwei Sätzen. Im ersten Teil „Schattenhaft“ wird durch pochende rhythmische Triolenketten im Bereich des tiefen Kontra-B eine bedrohliche und düstere Atmosphäre erzeugt. Dieser Klangreiz begeistert offenbar den Komponisten und lässt ihn immer wieder in die Tiefe dieses Klangregisters zurückkehren, um damit symbolisch den beabsichtigten angstvollen Eindruck des Fegefeuers zu vermitteln. Im zweiten Satz „Sehr langsam“ entspannt sich durch wesentlich ruhigere tonale sechzehntel-Linien im Legato in allen vier Stimmen das gesamte Klangbild. Somit glätten sich die Wogen, Versöhnung und Erlösung werden gesucht und auch gefunden. Es könnte hier auch das lateinische Zitat des römischen Dichters Seneca Anwendung finden – „Per aspera ad astra“, auf rauen Wegen zu den Sternen.
Dieses Werk mit einem hohen künstlerischen und instrumentalenn Anspruch stellt eine wirkliche Bereicherung der Fagottliteratur dar. Im Übrigen ist diese Neuerscheinung von hoher Qualität im Notendruck, in der Übersichtlichkeit des Notentextes mit Partitur und Stimmen und im Papier. Die Spieldauer beträgt etwa zehn Minuten.
Alfred Rinderspacher