Fiestas, Luis
Nueva America 1 und 2
Streichquartett, Partitur und Stimmen
Tangos und südamerikanische Musik ganz allgemein liegen im Trend. Und viele klassische Musiker allen voran beispielsweise Gidon Kremer oder Yo-Yo Ma widmen sich mit Engagement und großem Erfolg den Rhythmen und Klängen Lateinamerikas. Da liegt es nahe, auch die klassische Formation Streichquartett mit Musik aus Argentinien, Chile oder auch Peru zu konfrontieren.
Luis Fiestas hat in den beiden bei Varner herausgekommenen und Nueva America überschriebenen Bänden je zwei südamerikanische Stimmungsbilder für die zweifellos zentrale abendländische Musikgattung Streichquartett entworfen, die das Feuer und die Robustheit der Folklore, aber auch die Eleganz der klassischen Schreibweise vereinen. Die geraden Zweier- und Vierertakte und das aufgeräumte und saubere Notenbild gaukeln dabei aber nur auf den ersten, flüchtigen Blick eine Einfachheit vor, die sich im Zusammenspiel und natürlich im richtigen Tempo dann nicht mehr einstellt. Bleibt auch jede Stimme für sich hinsichtlich der technischen Anforderungen im moderaten Rahmen, so fordern die Interaktion und der gemeinsame Gang auf die Tanzfläche doch das ganze Ensemble, soll aus den Miniaturen Fiestas ein musikalisches Fest werden.
Einer Aufforderung zum Tanz kommt der einleitende Allegro-Satz Bonita mit seinen knackigen, akkordischen Begleitfiguren und den ausladenden Melodiebögen gleich im Mittelteil kontrapunktiert durch einen ruhigeren, noch sanglicheren Fluss der Musik. Die Balada ist dann großes Kino für die Ohren. Nach einem verhaltenen Beginn, zu dem der Komponist am Schluss wieder zurückfindet, darf sich das gesamte Ensemble in großer musikalischer Geste üben, darf klanglich über sich hinauswachsen und muss versuchen, ein ganzes Orchester samt einiger Gitarren zu imitieren.
Der zweite Band bringt mit Cupido Dormido und Péru Querido zwei vielgestaltige musikalische Bilder mit klaren Strukturen und vielen kleinen Farbnuancen, wobei die Hommage an Peru erwartungsgemäß etwas robuster und rhythmisch pointierter ausfällt. Alles in allem bilden die vier Sätze eine klar akzentuierte, überschaubare und technisch durchaus mit moderaten Mitteln zu meisternde Reise durch Lateinamerika, die für neue Sinneseindrücke offene Streichquartettformationen durchaus einmal auf ihren Fahrplan setzen sollten.
Daniel Knödler