Tischendorf, Klaus
Norbert Burgmüller
Thematisch-Bibliographisches Werkverzeichnis unter Mitwirkung von Tobias Koch, hg. in Zusammenarbeit mit der Norbert-Burgmüller-Gesellschaft
Dem 1836 verstorbenen, damals gerade 26-jährigen Norbert Burmüller war nur eine äußerst knappe Schaffenszeit vergönnt, und er hinterließ ein ungewöhnlich kleines uvre (wie viel hatten dagegen etwa Mozart oder Schubert im gleichen Alter bereits komponiert!): Gerade einmal 17 Werke mit Opuszahl und weitere zwölf Stücke ohne entsprechende Nummerierung (obendrein zum Teil fragmentarisch oder sogar nur dem Titel nach noch bekannt) sind überliefert und nichts davon ist zu Burgmüllers Lebzeiten veröffentlicht worden. Obwohl er in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts somit kaum in Konzerten vertreten oder gar in hausmusikalischen Kreisen verbreitet sein konnte, kannten und schätzten ihn seine Fachkollegen sehr wohl und setzten sich posthum für ihn ein: Bei Burgmüllers Beerdigung erklang zum Beispiel ein Trauermarsch, den Felix Mendelssohn Bartholdy zu diesem Anlass extra komponiert hatte, und Robert Schumann instrumentierte 1851 den dritten Satz der unvollendet hinterlassenen zweiten Sinfonie.
Umfassend kann man sich nun über Burgmüller anhand des Werk-
verzeichnisses informieren, das Klaus Tischendorf in Zusammenhang mit dem 175. Todestag des Komponisten herausgebracht hat und das sich an dem längst bewährten Aufbau dieser Fachliteratur orientiert: Zuerst die Werke in der Reihenfolge der (vielfach nicht authentischen, aber so geläufigen) Opuszahlen, dann die restlichen, hier chronologisch angeordneten Stücke. Die ausführlichen Informationen zu jeder Komposition (darunter zwei Sinfonien, Kammermusik und mehr als zwanzig Lieder) sind klar gegliedert: aussagekräftige Notenincipits, Darstellung der Entstehungs- und Wirkungsgeschichte unter Heranziehung vor allem zeitgenössischer Zeugnisse (vorwiegend Briefe und Rezensionen), Beschreibung der Quellen und bibliografische Dokumentation der Publikationen (Erst- und wichtige Neuausgaben).
Dabei wird deutlich, dass Burgmüllers Schaffen der Öffentlichkeit im Wesentlichen in zwei Schritten zugänglich gemacht worden ist: zum einen als Musikalischer Nachlass, den Kistner um 1865 in Leipzig veröffentlicht hat und mit dem der größte Teil der Kompositionen vorlag, und zum anderen im Rahmen der Denkmäler Rheinischer Musik (Verlag Dohr, Köln) mit der von Klaus Martin Kopitz edierten, seit 2010 vollständigen Gesamtausgabe.
Eine profunde Bibliografie und ein erfreulich umfangreicher Bildteil mit Faksimiles von Autografen, Titelseiten zahlreicher Erstausgaben, Konzertprogrammen von Uraufführungen sowie Porträts des Komponisten und einer größeren Anzahl von Persönlichkeiten, die sich schon im 19. Jahrhundert für sein Werk eingesetzt haben, ergänzen Tischendorfs Arbeit, deren Verdienst allenfalls von einem etwas hohen Preis überschattet wird.
Georg Günther