Werke von Christian Jost, Toshio Hosokawa und Bernd Alois Zimmermann

nobody knows

Simon Höfele (Trompete), BBC Symphony Orchestra, Ltg. Geoffrey Paterson, Ilan Volkov

Rubrik: Rezension
Verlag/Label: Berlin Classics
erschienen in: das Orchester 12/2023 , Seite 68

Der 1994 geborene Trompeter Simon Höfele gehört zu den vielseitigsten Solisten der Gegenwart: Seine Diskografie zeigt eine beeindruckende Bandbreite von Kompositionen aus Barock, Klassik und Romantik, über hochinteressante Werke des 21. Jahrhunderts bis hin zur zeitgenössischen Musik, bei welcher er immer wieder Schwerpunkte setzt. Er konzertiert als Solist mit herausragenden Klangkörpern und als Kammermusiker in verschiedenen Besetzungen.
Als Exklusivkünstler bei Berlin Classics erschien 2020 sein Album Standards, mit den Klassikern der Konzerte für Trompete und Orchester, für welches er mit einem OPUS KLASSIK für die Konzerteinspielung des Jahres geehrt wurde. 2021 erschien New Standards mit herausragenden Werken für Trompete und Klavier.
Der hier vorliegende Tonträger nobody knows eröffnet mit Pietà des 1963 in Trier geborenen Komponisten Christian Jost. In dunkler Atmosphäre fließen hier Elemente des Jazz mit Klangzeichnungen aus farbenreichen Orchesterszenen ineinander und bieten dem Solisten die Möglichkeit, seine phänomenalen technischen Fähigkeiten unter Beweis zu stellen, aber gleichzeitig auch zu zeigen, wie meisterhaft es ihm immer wieder gelingt, die Spannung und Atmosphäre in diesem Werk zu transportieren. Es verwundert nicht, dass diese Komposition den Untertitel „In memoriam Chet Baker“ trägt und an diesen im Alter von nur 58 Jahren unter rätselhaften Umständen ums Leben gekommenen Trompeter, oftmals als „James Dean des Jazz“ bezeichnet, erinnert. Als Teil der Requiems-Trilogie von Christian Jost für jeweils ein Blasinstrument und Orchester ist es aber ausdrücklich auch möglich, diesen Eröffnungssatz einzeln aufzuführen, so wie in dieser Einspielung umgesetzt.
Im Weiteren präsentiert Simon Höfele das Trompetenkonzert Im Nebel von Toshio Hosokawa, komponiert für den Trompeter Jeroen Berwaerts, welchem Hermann Hesses gleichnamiges Gedicht zugrunde liegt. Toshio Hosokawa, einer der wichtigsten zeitgenössischen Komponisten Japans, beschreibt sein Werk als Musik, in der die Solotrompete mit der Sphäre des Geheimnisvollen verschmilzt, während das Orchester weiche Linien, ähnlich der östlichen Kalligrafie, zeichnet. Auch hier gelingt es Höfele, eine dunkle und geheimnisvolle Stimmung zu erschaffen und sein Publikum in diese Klangwelt zu entführen.
Nobody knows de trouble I see von Bernd Alois Zimmermann, 1955 mit Adolf Scherbaum als Solist mit dem Sinfonieorchester des Norddeutschen Rundfunks uraufgeführt, ist ein Standardwerk der neueren Trompetenliteratur und ebenfalls tonmalerisch über weite Strecken sehr dunkel angelegt. Auch hier ist dem Solisten eine hörenswerte Interpretation gelungen, die keinen Zweifel daran lässt, dass Simon Höfele zu den großen Interpreten zeitgenössischer Trompetenmusik gehört. Kristin Thielemann