Mythos
Auf den Spuren von König Ludwig II. Musik aus Bayern von Hans Kröll
Das junge Blechbläserquintett aus München zeichnet in 17 programmatischen Stücken Skizzen des Mythos von König Ludwig II. und lässt dem Zuhörer die Freiheit, diese nach Belieben auszumalen oder es sein zu lassen. Das Schöne an dieser Musik ist, dass sie funktioniert, unabhängig davon, ob man sie völlig unbedarft auf sich wirken lässt, ob man die erklärenden Booklet-Texte liest oder ob man sich vorweg intensiv mit der Geschichte des geheimnisvollen bayerischen Königs auseinandergesetzt hat, dessen mysteriöser Tod sich 2011 zum 125. Mal jährt.
Es handelt sich durchweg um Eigenkompositionen von Hans Kröll, ausdrücklich als Musik aus Bayern bezeichnet. So erklingen traditionelle Musikformen wie Polka, Marsch, Walzer und Galopp, allesamt klassisch und sinnerfüllt musiziert, ohne Klischees auszutreten und doch mit einem kleinen Augenzwinkern. Die Musik klingt insgesamt leichter, als sie zu spielen ist; eine Wirkung, die sowohl für die Fähigkeiten des Komponisten als auch die der Interpreten spricht.
Einzelne musikalische Zitate aus Werken Richard Wagners sind dramaturgisch berechtigt, war Ludwig II. doch ein großer Verehrer des Komponisten. Glücklicherweise dominieren sie jedoch nicht Krölls ansprechende Eigenkompositionen, die kurzweilig und zugleich anspruchsvoll sind. Genau in die Mitte des Gesamtwerkes hat Kröll das einzige mehrsätzige Stück platziert. Unter den Titel König Ludwig II. gliedern sich die fünf Sätze Der Verzogene, Solo für Posaune, Der Tiefgründige, Soloboarischer für Tuba, Der Verrückte, Jazzgalopp für Trompete, Der Melancholische, Hornidyll und Der Geniale, Konzertpolka für Trompete. Hier werden nicht nur die verschiedenen Gesichter des liebevoll Kini genannten Königs porträtiert, die Musiker demonstrieren auch ihr jeweiliges Können als Solisten und dies gelingt ihnen eindrücklich. Sebastian Sager, Fabian Heichele, Thomas Berg, Christian Loferer und Konrad Müller sind zwischen 1977 und 1984 geboren und jeder von ihnen kann bereits einen bemerkenswerten musikalischen Lebenslauf vorweisen. Auch haben alle Erfahrungen als Orchesteraushilfen oder -akademisten, teilweise sogar als Mitglieder z.B. des Bayerischen Staatsorchesters oder des Münchner Rundfunkorchesters. Als Ensemble sind sie merklich gut aufeinander eingespielt.
Mythos ist der zweite Tonträger der Munich Brass Connection, der sich mit seiner Originalität sowohl im Sinn des originellen Themas als auch im Sinn von Originalkompositionen statt Arrangements durchaus von den zahlreichen Produktionen diverser Blechbläserformationen abhebt. Nicht zuletzt auch durch die tontechnische Mischung. Klar und unverfälscht wird die Qualität der Musik und der Künstler nicht durch übertriebene Korrekturmaßnahmen glattgebügelt. Hörbares Einatmen, das naturgemäß nicht hundertprozentig rein stimmende Alphorn sowie eine akustische räumliche Anordnung, die dem Hörer das Gefühl vermittelt, die fünf jungen Herren säßen direkt vor ihm, machen Mythos zu einem
authentischen, man kann wohl sagen: zu einem bayerisch-unverblümten Hörerlebnis.
Claudia Braun