Claudia Kayser-Kadereit

Musikalischer Reiseführer Rom

Rubrik: Rezension
Verlag/Label: epOs-Verlag, Osnabrück
erschienen in: das Orchester 11/2025 , Seite 68

So beliebt Rom bei Tourist:innen auch sein mag – als Musikstadt ist es eher weniger bekannt. Dabei hat die „Ewige Stadt“ auch musikalisch viel zu bieten. Die Musikerin und Musikpädagogin Claudia Kayser-Kadereit hat sich aufgemacht, Rom, wie sie selbst sagt, „musikalisch zu vermessen“. Die Ergebnisse dieser Vermessung hat sie in einem Reiseführer der besonderen Art zusammengefasst: einem Büchlein, das dem Musikinteressierten Rom von einer ganz neuen und sehr klangvollen Seite zeigt.
In zwölf Spaziergängen erschließt sich nach und nach das Rom der Musik. Etwa beim Palazzo Chigi, wo Wolfgang Amadeus Mozart bei seiner Italienreise mit seinem Vater musizierte, bei der Basilica San Giacomo in Augusta, wo Domenico Scarlatti das Amt des Kapellmeisters bekleidete, oder in der Kirche San Luigi dei Francesi, in der Franz Liszt die Orgel spielte und wohl auch neue Kompositionen ausprobierte. Und immer wieder flicht Kayser-Kadereit Schnurren und Anekdoten ein: etwa die Geschichte von Alessandro Stradella, der 1675 fast einem Mordanschlag zum Opfer gefallen wäre, hätten sich die Mörder nicht von seiner Musik erweichen lassen, oder jene von der Uraufführung von Gioachino Rossinis Oper Der Barbier von Sevilla am 20. Februar 1816 im Teatro Argentina, die derart katastrophal ablief, dass der Komponist in seine Wohnung flüchtete und sich dort verbarrikadierte.
So ist Kayser-Kadereits Büchlein weit mehr als ein klassischer Reiseführer: vielmehr ein Werk zum Stöbern und Staunen, das auch für den versierten Rom-Kenner noch einige Überraschungen bereithält. Die sorgsam durchkomponierten Spaziergänge führen nicht nur durch das Zentrum Roms, sondern bis in die Außenbezirke, zum Cimitero Acattolico etwa, wo nicht nur der jüngste Sohn von Carl Philipp Emanuel Bach, der an Tuberkulose starb, seine letzte Ruhe fand, sondern auch Gottfried Semper und Nadine Helbig, deren musikalischer Salon in Rom im 19. Jahrhundert eine wichtige Rolle für die Förderung weltlicher Instrumentalmusik spielte. Der letzte Rundgang ist auch der außergewöhnlichste: Hier lädt Kayser-Kadereit zu einem nächtlichen Ausflug mit der Komponistin Fanny Hensel ein, die am 16. Mai 1840 einen solchen Spaziergang unternahm und ausführlich davon berichtete: „Monte Cavallo, das war göttlich, die Kolossen und die Fontäne in diesem Lichte, ich habe nichts Wunderbareres gesehen …“
Es ist ein Buch, das Lust macht auf ein noch kaum entdecktes Rom. Es sei ihr ein Anliegen, schreibt Claudia Kayser-Kadereit, allen Musikinteressierten Rom als Musikstadt näherzubringen. Mit ihrem Reiseführer hat sie dieses Vorhaben aufs Schönste umgesetzt. Irene Binal

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