Musik & Oper

rund um die Welt 07/08

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: Editions le Fil d’Ariane, Paris 2007
erschienen in: das Orchester 03/2008 , Seite 57

Es gibt sie tatsächlich, die internationalen Konzert-, vor allem aber Opern- und Festivalbesucher, wohlhabend, mitunter reich und weltweit präsent, zum Beispiel in Bayreuth, Luzern, Salzburg oder Glyndebourne. Man trifft sie auch in der MET oder in der Semperoper. Sie sind vielfältig gebildete und interessierte Connaisseurs und haben das nötige Kleingeld für ihre Kulturreisen. Brauchen sie dieses Buch? Immerhin erscheint Musik & Oper rund um die Welt inzwischen in der 12. Ausgabe in den Sprachen französisch, englisch und deutsch. Es muss also einen Markt dafür geben. „Weltweit das einzige Werk, das Musik mit Reisen verbindet“, tönt die Verlagswerbung, womit dann auch die eingangs angesprochene Zielgruppe internationaler Kulturtouristen definiert zu sein scheint. In einem Hochglanzeinband stellt das Buch (etwas breiter als DIN A4), besser wohl: der Katalog, ein echtes Schwergewicht dar. Äußerlich.
Und inhaltlich? Der Katalog gliedert sich im Wesentlichen in drei Teile: Im ersten Teil werden 62 ausgewählte Konzertsäle, Opernhäuser, Orchester und Ballettkompanien alphabetisch gelistet und beschrieben. Die abgedruckten Saalpläne, die offenbar eine konkrete Buchung erleichtern sollen, sind teilweise leider so klein und undeutlich wiedergegeben, dass nicht einmal eine gute Lupe weiterhilft. Aus Deutschland sind mit ihren Saisonspielplänen hier vertreten: Berliner Philharmoniker, Deutsche Oper Berlin, Staatsoper unter den Linden, Hamburgische Staatsoper, Gewandhausorchester zu Leipzig, Oper Leipzig und Bayerische Staatsoper. Österreich ist mit der Wiener Staatsoper und dem Musikverein, die Schweiz mit den Opernhäusern Zürich und Genf dabei. Wie repräsentativ diese Auswahl ist, sei hier einmal dahingestellt. Beim weiteren Durchblättern wird klar: Es geht um den weltweiten Kartenverkauf. Über die Internetplattform www.music-opera.com können Konzert- und Opernkarten bestellt werden. Kein Wunder also, dass Verlag und Kartenvertrieb über dieselbe Adresse und Telefonnummer erreichbar sind.
Teil 2 des Katalogs bringt nach Monaten und Ländern sortiert die Spielpläne von 395 Konzertsälen, Opernhäusern und Festivals vom 1. September 2007 bis in den August 2008. Das sieht zunächst beeindruckend und vielfältig aus. Allein 72 Einträge sind allerdings französische Veranstalter bis hin zu kleinen lokalen Festivals. Es ist halt ein französischer Verlag. Die USA sind mit 66 Einrichtungen dabei, Deutschland immerhin noch mit 46. Der kulturelle Proporz, wenn es denn bei einer internationalen Betrachtung überhaupt einen angemessenen gibt, scheint irgendwie verzerrt.
Der dritte Teil schließlich enthält alphabetisch nach Namen sortiert die Interpreten, Dirigenten, Solisten, Sänger der zuvor gelisteten Spielpläne. Alle erfassten Opern sind ebenfalls alphabetisch nach Komponistennamen aufgeführt, was für Raritätenjäger interessant sein mag. Das Telefon- und Adressverzeichnis listet schließlich so überaus bedeutende Einrichtungen wie die Stadthalle Kassel auf, sodass man ob einer sauberen und an einer internationalen Klientel ausgerichteten Redaktion ins Zweifeln gerät. Zitat: „Musik & Oper rund um die Welt hilft Ihnen ihre Reisen vorzubereiten und davon sämtliche Musikalische Vergnügen völlig erleben.“ Voilà!
Gerald Mertens