Musik des 20. Jahrhunderts für Violine und Klavier

Werke von Dieter Schnebel, Béla Bartók, Anton von Webern und Witold Lutoslawski

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Apollo Musikoffizin CI 20.010
erschienen in: das Orchester 05/2005 , Seite 89

Diese CD dokumentiert ein Konzert, das Herwig und Bernd Zack am 2. Februar 2004 im Großen Saal der Hochschule für Musik in Würzburg gaben. Gewiss handelt es sich in vielerlei Hinsicht um ein bemerkenswertes Konzert, das solche Dokumentation verdient hat: als makellose interpretatorische Leistung und als vorbildliche Repertoirepflege. Die Brüder Zack bilden ein blendend eingespieltes Duo, das in seiner musikalischen Verständigung kaum zu übertreffen sein dürfte.
Das zählt umso mehr, als sich die hier berücksichtigten, auch spieltechnisch außerordentlich schwierigen Werke kaum „wie von selbst“ spielen lassen. Ihr musikalischer Sinn muss vielmehr interpretatorisch erarbeitet und herausgekehrt werden, ohne dass solche „Arbeit“ spürbar werden darf. Und gerade in der wirklich musikalischen Bewältigung der interpretatorischen Probleme überzeugen die Musiker. Es bedarf schon einer hingebungsvollen interpretatorischen Intensität, dass etwa die Verfärbung des Geigentons nicht als spieltechnische Störung, sondern als ein musikalisch sinnvolles Ereignis zu klingen vermag.
Besonders verdienstvoll wirkt die Berücksichtigung der 1991 veröffentlichten vier Stücke für Violine und Klavier von Dieter Schnebel auch dann, wenn sich Zweifel am kompositorischen Wert dieser Musik nicht abweisen lassen wollen. Es wird berichtet, dass Strawinsky auf neue, ihm unbekannte Musik zunächst mit der Frage reagiert haben soll: „Wer braucht das denn?“ Eine Antwort bei Schnebel fällt schwer – vor allem in Nachbarschaft dieser Stücke zu Weberns vier Stücken für Violine und Klavier op. 7, auf die Schnebel offenbar anspielt, ohne die funkelnde webernsche Prägnanz zu erreichen.
Aufgenommen sind auch die drei Zugaben von Messiaen, Copland und Schnittke, welche die Interpreten geben mussten. Unwillkürlich stellt sich das Gefühl ein, dass sich die Musiker – wie es sich so häufig in Konzerten ergibt – erst in diesen Zugaben ganz frei gespielt haben. Und in der nicht enden wollenden Melodie von Messiaens Lourge à l’Immortalité de Jésus scheint das ganze hier dokumentierte Konzert sein inneres, erhebendes Ziel zu finden – um gleich mit der Copland-Zugabe einer Ukelele Serenade wieder fest auf die Erde zurückzufinden.
Giselher Schubert