Mozart, Wolfgang Amadeus
Mozart with Friends
Nils Mönkemeyer (Viola), Julia Fischer (Violine), Sabine Meyer (Klarinette), William Youn (Klavier)
Die Viola spielt in Wolfgang Amadeus Mozarts Werkverzeichnis keine dominante Rolle. Doch andererseits ist sie in seiner Kammermusik wichtig, und Mozart selbst spielte gerne auf der Bratsche. Nils Mönkemeyer rückt in seiner CD sogenannte Randwerke wie das Kegelstatt-Trio KV 498, das Duo für Viola und Violine KV 423 und Stücke aus dem Londoner Skizzenbuch ins Zentrum. Zusammen mit Julia Fischer, Sabine Meyer und William Youn entdeckt er dabei neue Aspekte in Mozarts Musik.
In Salzburg hatte Mönkemeyer während eines Konzerts einmal die Gelegenheit, Mozarts eigene Viola zu spielen, und empfand es als sehr berührend, wie dunkel und melancholisch sie klänge. Weder Brillanz noch die Mozart bisweilen zugeschriebene Rokoko-Heiterkeit spielen hier die erste Geige, sondern ein weicher, eher dunkler Klang, nach innen gerichtete Vertiefung und häufig Melancholie.
Die vier Kammermusiker wählen nicht allzu schnelle Tempi, lassen sich Zeit für klangliche Schattierungen und eine sprechende Artikulation. Dadurch entsteht bei den Melodieinstrumenten eine Art Rückkehr zu einem romantischen Spiel, das allerdings nicht wie vor dem Einfluss der historischen Aufführungspraxis großflächig und klangbestimmt ausgerichtet ist, sondern detailgenau in jedem Ton und Motiv verschiedenste Gefühlsschattierungen gestaltet. William Youn besitzt einen weichen, differenzierten Anschlag, der sich nicht am Hammerklavier, sondern am Clavichord orientiert.
So gelingt eine erstaunlich berührende Einspielung von Mozarts Kegelstatt-Trio. Alles hat hier seine Bedeutung: die bewusst ausgekosteten Pausen als Symbol für die verrinnende Zeit; die vorbeihuschenden Läufe der Viola im Trio-Teil des Menuetts, die das Vorhergehende aufzulösen scheinen; und die rhythmischen Stöße, die das Spiel unterbrechen und so die Musik gebrochen wirken lassen. Dagegen erklingt das Duo für Violine und Viola in virtuoser Geste. Hier erreicht die Viola durchaus konzertante Brillanz. Julia Fischer und Nils Mönkemeyer zeigen, dass sie nicht nur introvertierte Kammermusiker, sondern ebenso extrovertiert spielende Solisten sein können.
In der Kammermusik befindet sich der Violaspieler in der Mitte, im Zentrum. Dadurch hat er die Möglichkeit, die Musik als Ganzes wahrzunehmen und auch seine Mitspieler zu einem Gesamtklang zusammenzuführen. Nicht vordergründige Virtuosität ist für die Viola wichtig, vielmehr der Gesamtzusammenhang. Mönkemeyer gelingt aus dieser Position der Mitte heraus eine neue Sicht von Mozarts Musik. In seiner Interpretation geht es um Tiefe, sie lässt sich Zeit für klangliche Schattierungen, melodische Wendungen und rhythmische Pointen, die in dieser Bewusstheit so noch nicht gehört werden konnten. Eine wunderbare Einspielung, der es gelingt, beim viel gespielten Mozart einen neuen Aspekt hörbar werden zu lassen.
Franzpeter Messmer