Leopold, Silke (Hg.)

Mozart-Handbuch

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: Bärenreiter/Metzler, Kassel/Stuttgart 2005
erschienen in: das Orchester 05/2006 , Seite 72

Das einbändige Mozart-Handbuch des Bärenreiter-Verlags (nicht zu verwechseln mit der vom Laaber-Verlag angekündigten sechsbändigen Reihe Das Mozart-Handbuch, deren letzter Band – Das Mozart-Lexikon – bereits erschienen ist) kann innerhalb der kaum übersehbaren Mozart-Literatur des Jubiläumsjahres als Glücksfall bezeichnet werden. Es schließt eine Lücke, die man erst, wenn man es in der Hand hat, in ihrem Umfang richtig einzuschätzen vermag. Es hat alle Vorzüge eines Handbuchs – Übersichtlichkeit, Präzision, verständliche Vermittlung und Vollständigkeit im Rahmen der Möglichkeiten – und präsentiert sich zugleich als wissenschaftlich zuverlässig, hochkompetent, interessant und innovativ im Detail.
Der systematische Aufbau – Opern, geistliche Musik, Sinfonien, Konzerte, Kammermusik, Klaviermusik, Serenaden, Divertimenti, Tänze, Märsche, Lieder, Gesänge, Arien – ermöglicht einen raschen Zugriff auf Informationen zu jeder einzelnen Komposition. Entsprechend dem Umfang und der Bedeutung der Werke wird, geordnet und gut überschaubar, ein breit gefächertes Arsenal von Fakten, Deutungen und übergreifenden Bezügen angeboten. Und wo immer man sucht, auch bei scheinbar unbedeutenderen und entlegeneren Ausschnitten aus Mozarts riesigem Œuvre, findet man ausführliche Antworten auf viele Fragen oder man wird, was ebenso wichtig ist, über offene Probleme, unterschiedliche Interpretationen und kaum noch zu erwartende Lösungen gründlich unterrichtet. Hierbei allein auf die Intensität und perspektivische Vielfalt der Texte zu setzen und auf Abbildungen und Notenbeispiele fast ganz zu verzichten, war eine Entscheidung, die angesichts der leichten Zugänglichkeit zu Mozarts Musik vollkommen überzeugt. Sie ermöglicht den Verfassern eine erstaunliche Gedankenvielfalt, nicht selten auch mit klärenden Hinweisen auf die ältere und neuere Mozart-Literatur.
Besonders ergiebig erweisen sich die weiträumigen Einleitungen zu jedem Kapitel, in denen das historische und ästhetische Umfeld der jeweiligen Gattung und spezielle Aspekte ihre Beurteilung zur Sprache kommen, sowie die kurz gefassten Einführungen zu vielen Unterabschnitten. Das Handbuch schließt mit einem Kapitel zur Mozart-Philologie, das den Bogen vom eigenhändigen Verzeichnüß aller meiner Werke bis zur Neuen Mozart-Ausgabe spannt. Und es besitzt natürlich ein Werk- und ein Personenregister, reichhaltige Literaturangaben, eine informative Zeittafel und ein achtseitiges Inhaltsverzeichnis, das die stringente Systematik widerspiegelt.
Die Herausgeberin hat selbst ein Kapitel zu den frühen Opern beigesteuert und eine äußerst lesenswerte Einleitung verfasst, in der sie u. a. die Mozart-Bilder der Vergangenheit, Mozarts künstlerisches Selbstverständnis, die musikalische Praxis im frühen 19. Jahrhundert und die Geschichte der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit seinem Leben und seinem Werk thematisiert. Zudem hat sie es verstanden, Mitarbeiter zu finden, die ihr jeweiliges Gebiet eigenständig entfalten und sich dennoch in einem übergeordneten Rahmen zusammenfinden, der das Buch zu einem stimmigen Ganzen macht. Unter den Autoren – Ulrich Schreiber, Hartmut Schick, Volker Scherlies, Peter Gülke, Nicole Schwindt, Marie-Agnes Dittrich, Thomas Schipperges, Monika Woitas, Joachim Steinheuer und Dietrich Berke – einzelne hervorzuheben, wäre angesichts der Qualität ihrer Beiträge nicht angemessen. Es genügt zu sagen, dass man sich in alle Kapitel mit ausgesprochenem Gewinn vertiefen kann und auf die Darstellungen und Erläuterungen zu bestimmten Werken gern immer wieder zurückkommen wird.
Peter Schnaus