Mozart, Wolfgang Amadeus

Mozart Arias

Rubrik: CDs
Verlag/Label: passavant music PAS 2252
erschienen in: das Orchester 07-08/2009 , Seite 70

Eine CD mit Mozart-Arien bei der heutigen Konkurrenz vorzulegen, bedeutet mittlerweile durchaus ein Wagnis, und so ist es umso erfreulicher, dass die französische Koloratursopranistin Géraldine Casey die Erwartungen mehr als erfüllt. Casey steht in der Traditionslinie der Besten dieses Fachs, etwa einer Arleen Augér, doch bei Bedarf mit einem dezidiert dramatischeren Element in der Stimme. Jeder Ton „sitzt“ (selbst bei der Königin der Nacht – abgesehen von einem leider knapp zu tiefen f”’), jede Arie weiß sie mit einer eigenen Stimmung zu erfüllen. Ganz unterschiedlich von Ausdruck und Emotion sind die auf dieser CD erhaltenen acht Arien, von “La finta giardiniera” und “Lucia Silla” über “Zaide” und “Schauspieldirektor” bis hin zu den beiden großen Arien der Konstanze und der ersten Arie der Königin der Nacht. Ein mehr als ambitioniertes Programm, doch Casey weiß stets zu überzeugen – mehr als mancher heute so gehypte „große Name“. Ob ihr auch die feine Ironie der Mademoiselle Silberklang gelingt, kann diskutiert werden, doch bewegte sich eine solche Diskussion auf mehr als hohem Niveau (Mady Mesplé, Reri Grist, Edita Gruberová); musikalisch lässt Casey alle der genannten Damen hinter sich. In der Konzertarie “Nehmt meinen Dank, ihr holden Gönner” KV 383 gar ist Casey der großen Lucia Popp durchaus ebenbürtig, überdies mit weitaus mehr (angemessenen) Verzierungen als ihre große Vorgängerin. Nur gelegentlich scheint die deutsche Sprache der Sängerin geringfügige Schwierigkeiten zu bereiten – ein Problem, das sich leider zunehmend im deutschen Opernfach feststellen lässt.
Die Südwestdeutsche Philharmonie Konstanz, ein seit 1932 bestehendes Orchester, von dem bislang nicht viel überregional zu hören war, liefert eine beachtliche Leistung. Leider scheint jedwede historische Informiertheit – und auch die Neue Mozart-Ausgabe – bislang an seinem Chefdirigenten, dem 1975 in München geborenen Vassilis Christopoulos vorbei gegangen zu sein (unangemessen überzogene Rubati in der „Martern“-Arie, manch eine Phrasierung und manch längst nicht mehr haltbare Kürzung); das heißt nicht, dass seine Interpretationen uninspiriert oder kraftlos wären – die Ouvertüren zu Schauspieldirektor und Finta giardiniera reichen durchaus an die besten Einspielungen bis 1980 heran, und sein Marsch der Priester aus der Zauberflöte zeichnet sich wohltuend durch nicht verschleppte Tempi aus. Doch Christopoulos ist noch jung und so verzeiht man ihm kleinere Fehlgriffe gern. Es wäre schön, wenn wir in Zukunft von dem Dirigenten, der manch „alten Hasen“ Energie und Charme betreffend locker hinter sich lässt, mehr hören könnten.
Jürgen Schaarwächter