Eötvös, Péter

Molto tranquillo

für Piccolo (auch Altflöte), Violoncello und Klavier, Partitur und Stimmen

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Schott, Mainz 2016
erschienen in: das Orchester 11/2016 , Seite 62

Der ungarische Komponist und Dirigent Péter Eötvös (*1944) wurde für sein kompositorisches Schaffen schon mehrfach international ausgezeichnet, u.a. 1997 mit dem Bartók-Preis, 2000 mit einem Echo Klassik und 2007 mit dem Frankfurter Musikpreis. Im vergangenen Jahr wurde ihm der ungarische St. Stephans-Orden überreicht. Neben einigen Orchesterwerken, z.B. Psychokosmos (1993) und Atlantis (1995), schuf er verschiedene Solokonzerte, darunter ein Konzert für zwei Klaviere und Orchester (2008), ein Cello Concerto Grosso (2011) und Speaking Drums für Schlagzeug und Orchester (2013). Aus seinem umfangreichen musikdramaturgischen Schaffen seien die beiden Opern Drei Schwestern (1997) und Der goldene Drache (2014) erwähnt.
Molto tranquillo ist ein konzentriertes und farbenreiches Klangbild von etwa fünf Minuten Spieldauer. Das kurze Kammermusikwerk ist György Kurtág zu dessen 90. Geburtstag gewidmet und wurde am 18. Februar dieses Jahres im Budapest Music Center von Gergely Ittzés (Flöten), Judit Szabó (Violoncello) und Péter Kiss (Klavier) uraufgeführt.
Die Flöte wechselt zwischen Piccolo- und Altflöte. Flatterzungenklänge und Tremoloeffekte bestimmen die in engen Intervallschritten geführte Stimme. Das Violoncello spielt mit Skordatur: Die C-Saite wird um einen Halbton, später um einen Ganzton nach unten gestimmt. Sehr hilfreich und aufführungspraktisch von großem Nutzen ist in der Cellostimme die Doppelnotation in Griffnotation und klingender Notation, sodass die Glissandi, Flageoletts und Skordaturklänge um so besser ausführbar sind.
Der Klaviersatz – neben einigen Glissandi gibt es auffallend viele große Septimen – ist geprägt von gelösten Floskeln, schnellen Parallelläufen und einer genau ausbalancierten Dramaturgie, die bis ins kleinste Detail notiert ist. Man spürt in jedem Takt den erfahrenen Komponisten, der einerseits die Klangeigenschaften der einzelnen Instrumente gut kennt und anderseits in der Zusammenschau des Klangbildes eine beeindruckende Dichte und eine gleichzeitig wohltuende Transparenz erzeugt, was Molto tranquillo zu einer attraktiven Konzertminiatur macht. Am Ende, nach einem arpeggierten Klaviercluster, sinkt der pizzicato gespielte Violoncelloton durch Fortführung der Skordatur in Vierteltönen bis zum Contra-G, unterlegt von einem sich auflösenden Klavierklang mit Querstand und dem ruhig gehaltenen, im Mezzoforte gespielten tiefsten Ton der Altflöte.
Dieser sehr guten Ausgabe – sechsseitige Partitur mit vierseitiger Violoncellostimme und zweiseitiger Flötenstimme – fehlen nur ein kurzes Vorwort und Angaben zum Komponisten. Das Druckbild ist ausgezeichnet und bleibt bei aller Komplexität immer deutlich und übersichtlich.
Christoph J. Keller