Cherubini, Luigi

Missa solemnis in E

Rubrik: CDs
Verlag/Label: EMI Classics 0946 3 94316 2 5
erschienen in: das Orchester 05/2008 , Seite 61

Die Missa solemnis in E von Cherubini gehört nicht gerade zu den Standardwerken des Repertoires. Der Komponist nutzte den Formen- und Klangkatalog der späten Klassik, ohne völlig auf opernhafte Effekte zu verzichten. Die Einspielung durch Riccardo Muti zeigt, dass die Messe durchaus hörenswert ist, auch wenn sie den Anspruch eines Beethoven kaum erreicht, wohl auch nicht erreichen will. Im verhaltenen Kyrie bestimmen der Chor und die Vokalsolisten das Geschehen, changierend zwischen e-Moll und E-Dur, mit einigen ausdrucksstarken Modulationen. Dem folgt ein Gloria mit Trompetenglanz, aber durchaus auch empfindsameren Stellen. Im Credo wird zu einer recht lebendigen Begleitung durch das Orchester weithin syllabisch vom zumeist unisono geführten Chor in langen Notenwerten gesungen. Nach der Grabesruhe des „Et sepultus est“ wird die Auferstehung durch einzelne Impulse in den instrumentalen Bässen vorbereitet, ähnlich wie die „Auferstehung“ des Besens in Paul Dukas’ Zauberlehrling. Im Resurrexit darf dann der Chor mehrstimmig über dem Orchesterapparat glänzen.
Nicht zum Ordinarium der Messe gehört die Communio „O salutaris hostia“; auch hier bestimmt der Chor das Geschehen. Es handelt sich offenbar um einen Lieblingstext des Komponisten; insgesamt acht Mal hat er ihn vertont, an dieser Stelle verhalten und innig. Das abschließende „Agnus dei“ ist von lieblichem melodischen Reiz und der sehr leise und verhaltene Schluss des „Dona nobis pacem“ lässt die Friedenssehnsucht des Komponisten eindrücklich lebendig werden.
Zwei Zugaben schließen die CD ab: ein „Antifona sul canto fermo 8. tona“, ein kurzes, polyfones Werk im „stylo antico“, durchaus überzeugend in seiner Art. „Nemo gaudeat“ schließlich ist für Chor, Solisten (andere als in der Messe) und zwei Orgeln, ein Werk, dessen Aufführung darunter leidet, dass die verwendeten Orgeln offenbar recht klein dimensioniert sind und nicht recht zum Chorklang passen; sie sind auch viel zu vordergründig aufgenommen.
Ansonsten aber ist die Live-Aufnahme der Messe selbst durchaus zu loben. Cherubini erfährt gleichsam philharmonische Weihen; die historisch informierte Aufführungspraxis hat hier kaum einen Ort. Riccardo Muti gibt seinem gut aufgelegten Orchester Raum zur Entfaltung, der relativ große Chor singt homogen und klangschön, mit erfreulich wenig Vibrato. Die Gesangssolisten meistern ihren nicht allzu anstrengenden Part souverän, wenn auch recht vibratoreich. Der Zusammenklang der Solisten ist aber gut ausgehört. Insgesamt ist hier eine reizvolle Begegnung mit Cherubini als Kirchenkomponisten dokumentiert.
Diederich Lüken

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