Zyman, Samuel / José Rolón

Mexican Piano Concertos

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Tyxart TXA 13024
erschienen in: das Orchester 11/2013 , Seite 80

Die mexikanische Pianistin Claudia Corona, Initiatorin und Solistin dieser CD, versteht sich als Botschafterin lateinamerikanischer Musik und hat mit ihren Konzerten und Einspielungen immer wieder gezeigt, dass sich speziell die Musik ihres Heimatlandes kaum auf folkloristische Klischees reduzieren lässt. Die Folklore ist zwar zweifellos eine wichtige Quelle für die Kunstmusik Mexikos, aber eben nur eine unter vielen, denn ebenso wichtig sind die Einflüsse der internationalen Musikkultur. Viele der Komponisten haben in Europa oder den USA studiert und haben sich von den aktuellen Strömungen der musikalischen Moderne anregen lassen.
Der 1956 geborene Samuel Zyman beispielsweise besuchte nach Studien in Mexiko die berühmte Juilliard School in New York, wo er bis heute lebt. Von der Auseinandersetzung mit amerikanischer Avantgarde finden sich in seinem Klavierkonzert allerdings keinerlei Spuren. Zyman zeigt sich in dem dreisätzigen Werk als Eklektiker, dessen Sprache sich aus dem Spektrum von der Romantik über den französischen Impressionismus bis zu Béla Bartók speist. Nichtsdestoweniger besitzt das Konzert bei aller traditionellen Ausrichtung große dramatische Kraft und gehört, nicht zuletzt wegen der virtuosen Brillanz des Soloparts, zu den international erfolgreichen Werken des Komponisten.
Eine regelrechte Entdeckung ist jedoch das Klavierkonzert von José Rolón, einem der wichtigsten und einflussreichsten mexikanischen Komponisten des 20. Jahrhunderts, der durch seine mehrfachen Aufenthalte in Paris stark von der französischen Moderne geprägt wurde. Als Schüler von Nadia Boulanger und Paul Dukas propagierte er auch in seinem Heimatland die französische Musik etwa von Darius Milhaud, Edgard Varèse oder Maurice Ravel und integrierte in seinen eigenen Werken mexikanische Stilelemente auf höchst originelle Weise in das europäische Musikdenken. Sein Klavierkonzert, das in der Aufnahme erstmals nach 80 Jahren in der von Claudia Corona rekonstruierten Uraufführungsversion von 1935 erklingt, weist zwar gelegentlich folkloristische Elemente auf. Doch in der Instrumentation, den harmonischen Ambivalenzen und nicht zuletzt einigen jazzhaften Formulierungen im letzten Satz dominiert eher der französische Einfluss und besonders derjenige Ravels, wobei man gelegentlich an dessen G-Dur-Konzert denken muss. Die Handschrift des Lehrers Paul Dukas erkennt man wiederum deutlich in dem etwas früheren Orchesterstück El Festin de los Enanos (Das Festmahl der Zwerge), eine kleine sinfonische Dichtung im Stil des Zauberlehrling.
Claudia Corona überzeugt als Solistin in den beiden Konzerten mit kraftvoller rhythmischer Prägnanz und struktureller Klarheit, und auch die Nürnberger Symphoniker unter der Leitung von Gregor Bühl machen sich in dieser (auch durch das fünfsprachige ausführliche Booklet) vorzüglichen CD-Edition hörbar engagiert und lustvoll zum Anwalt dieser hierzulande nur wenig bekannten Musik.
Klaus Angermann