Schubert, Franz

Messe Es-Dur D 950

für Soli, gemischten Chor und Orchester, Neuausgabe nach den Quellen von Rüdiger Bornhöft, Partitur

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Peters, Frankfurt am Main 2010
erschienen in: das Orchester 02/2011 , Seite 70

Nach den Verlagen Carus (1996) und Breitkopf (2005) brachte jüngst auch Peters mit dem Herausgeber Rüdiger Bornhöft Franz Schuberts letzte Messe Es-Dur D 950 neu heraus. Und wie die anderen Ausgaben ist auch diese streng nach dem in der Musikabteilung der Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz – befindlichen Autograf ediert worden. Die erhaltenen, in der Wienbibliothek lagernden Entwürfe, welche für praktische Belange unbrauchbar sind, wurden zu Recht nicht beachtet.
Neu ist allerdings nicht viel, außer, dass von der Partituranordnung her die Chorstimmen – anders wie bei den beiden vorigen Ausgaben – zwischen den Bläsern und Streichern notiert sind und diese nicht die Streicher unterhalb der Bratsche teilen. Also eine marginale Änderung, vor allem, wenn man die originale Partitur von Schubert in Betracht zieht, welche
mit den Violinen und Viole beginnt, die Oboi und Clarinetti folgen und erst unterhalb des Chores die Bässe stehen. Aber dies nur am Rande.
Neu allerdings sind gleich die im Vorwort, Fußnote 12, bezeichneten zwei kleineren Lesefehler (der Herausgeber spricht hier etwas übertrieben von „signifikanten Lesefehlern“) im Agnus Dei: einmal in Takt 209, Violine 1, wo nicht das tradierte, den Bass verdoppelnde es³, sondern die Überterzung ges³ korrekt ist; das andere Mal könnte in Takt 186 das Horn 1 wirklich ein f² anstatt ein e² zu spielen haben, wobei es im Autograf aufgrund Schuberts Schrift nicht ganz eindeutig zu klären ist, ob die Note eher zum dissonierenden Durchgangston e tendiert oder zum f, welcher sich dann als Konsonanz harmonisch in das As-Dur-Gefüge einpassen würde.
Andererseits sind in der Peters-Ausgabe die nötigen Ergänzungen vom Herausgeber beispielsweise in der Dynamik oder gängige Strichelungen der fehlenden Legato-Bögen wie im Kyrie bei der Klarinette II und Posaune II in den Takten 143 und 144 – bei den anderen Ausgaben von Carus und Breitkopf, aber auch bei der Schubert-Ausgabe verwirklicht – nicht sichtbar und nur nach Augenschein im Kritischen Bericht erfahrbar. Jedoch fehlt nicht nur in diesem Fall dieser nicht ganz unwichtige Hinweis.
Hier können keineswegs die verschiedenen Auffassungen des schwie-rig zu interpretierenden Notentextes Schuberts explizit dargestellt werden, wer nun Recht hat oder welcher Ausgabe der Vorzug gegeben werden kann – auch mit Blick auf die Gewichtung im Kritischen Bericht und meist klischeebesetzten Informationen (wie die nicht versiegenden „Tränen in den Augen Michael Holzers“) im Vorwort: Das wird die Mammutaufgabe des nicht zu beneidenden Herausgebers der Neuen Schubert-Ausgabe sein, welche zu ganz anderen Schlüssen kommen mag.
Solch wissenschaftlicher Diskurs berührt letztendlich den Praktiker wenig. Er möchte eine lesbare Ausgabe und Stimmen haben, aus denen der Chorist gut singen und der Instrumentalist bequem musizieren kann. Und das leisten die drei modernen Ausgaben gleichermaßen.
Werner Bodendorff