Anton Bruckner

Messe e-Moll & Motetten „Bruckners Welt“. Eine Werkeinführung

Chor des Bayerischen Rundfunks, Münchner Rundfunkorchester, Ltg. Peter Dijkstra

Rubrik: Rezension
Verlag/Label: BR Klassik
erschienen in: das Orchester 7-8/2024 , Seite 72

Kirchenmusik gehörte schon sehr früh zu Anton Bruckners ureigensten Bereichen, in denen er musikalisch tätig gewesen ist. Nicht nur als gläubiger Katholik, sondern weil er auch wegen seines Schul- und Kirchendienstes als Stadtpfarr- und Domorganist in St. Florian, Linz und Wien sein ganzes Leben im unmittelbaren Verhältnis zur Kirche stand. Insbesondere die Orgel wurde zu einem „zweiten Ich“, zu einem „Seelenspiegel“, an dem sich Bruckner ausprobieren konnte. Mit einer kenntnisreichen, klar strukturierten, liebevoll aufbereiteten Werkeinführung stellen die CDs die Kirchenmusik Bruckners und die Hintergründe ihrer Entstehung in den historischen Kontext.
Um die vom Rundfunkchor bestens intonierte Einspielung der achtstimmigen Messe in e-Moll WAB 27, die Bruckner für Blasinstrumente („Harmonie“) und Chor 1866 komponiert hatte, kreisen in der ersten CD einige seiner berühmten Motetten wie Locus iste WAB 23, Virga Jesse WAB 114 oder die Gradualmotette Christus factus est (III) WAB 11 sowie die beiden Aequale für jeweils drei Posaunen WAB 119 und 149. Die zweite CD besteht aus drei biografischen Teilen: „Herkunft und Selbstfindung“, „Klangwelten“ sowie „Religion und Lebenskrisen“ – stets mit Bezug zur Messe. Dabei wird mehrfach darauf hingewiesen, dass gerade deren Komposition in eine entscheidende Schaffensperiode Bruckners fiel: „Aus dem Hilfslehrer wird ein professioneller Komponist, einer der größten im 19. Jahrhundert.“ Sie ist ein Markstein in Bruckners Leben, das sich in ein Vorher und ein Nachher trennt. Während die Symphonik größtenteils ausgespart ist, werden bekannte Wissenselemente um Bruckners Wesen, seine Eigenheiten und Herkunft, seine Sozialisierung und tief empfundene Religiosität dargestellt und mit verschiedenen Sprechstimmen sowie mit Brucknerzitaten lebendig und anschaulich gemacht. Zwischen den biografischen Erläuterungen werden zudem – wie im Abschnitt „Kirchenmusik im würdigen Style“ – nach und nach die stilistischen Eigenheiten der Messe mit Hörbeispielen dargestellt, die aus dem alten Kirchenstil und Polyphonie à la Palestrina kommen. Und im dritten Teil werden schließlich die äußeren Zusammenhänge um die Entstehung der Messe, die Rolle des Bischofs Rudigier bis zur Uraufführung im Jahre 1869 vertieft.
Eine CD, die Lust auf Bruckners Kirchenmusik macht. Leider ist ein Lapsus passiert und zwar wurde dessen Geburtstag vom 4. September auf den 7. September verlegt.
Werner Bodendorff