Rubinstein, Anton

Melodie für Streichtrio op. 3/1

bearbeitet von Wolfgang Birtel

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Schott, Mainz 2007
erschienen in: das Orchester 09/2007 , Seite 83

Mitunter sind es die kleinen Einfälle, die Bestand haben und sich mit einem großen Namen verbinden. Anton Rubinstein war in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts neben den Doppelbegabungen Franz Liszt und Frédéric Chopin einer der ganz großen Pianisten. Seine Karriere begann bei der Großfürstin Elena Pawlowna in St. Petersburg als Hauspianist. Dass er hie und da auch etwas komponierte, war er dem musikalischen Salon seiner Mäzenatin schuldig. So fielen ihm zwei kurze Klavierstücke ein, die er Melodien nannte, von denen das erste als op. 3 Nr. 1 überlebte. Kompositorisch Gewichtiges und Innovatives darf man davon nicht erwarten, es ist eher eine schlichte, mit den romantischen Attributen von Chromatik und sehnsuchtsvollem Sextsprung ausgestattete sechzehntaktige Melodie, die aus einem akkordischen Klaviersatz in der Mittelstimme hervorscheint. Dreimal darf sie in leichter Verarbeitung erklingen, dann ist nach 140 Takten der kleine Zauber vorbei.
Die Popularität der Melodie in F-Dur hat bereits eine Vielzahl von Transkriptionen für ein Melodieinstrument und Klavier hervorgerufen. Damit sich auch weitere Kreise an diesem Kabinettstückchen erfreuen können, wurde es jetzt von Wolfgang Birtel für ein Streichtrio und von Joachim Linckelmann für Bläserquintett arrangiert; zwei kammermusikalische Ensembles, in denen die in den originalen Klaviersatz eingebettete Melodie mehr Eigenleben entfalten kann. Das Streichtrio unterstreicht einerseits die Schlichtheit der Melodie, lässt andererseits die Klangfülle des Originals vermissen.
Das Bläserquintett nutzt den Klangfarbenreichtum, indem die Melodie durch Klarinette, Flöte, Oboe und zuletzt das Horn wandert. Interessant sind die Zusätze der Bearbeiter: Während Birtel für das Streichtrio eher sparsame Dynamikzusätze notiert, reichert Linckelmann die Partitur mit sehr vielen die Expressivität betonenden Angaben an, nimmt dabei dem Stück aber etwas von seiner Einfachheit.
Heribert Haase