Glazunov, Alexandr

Meditation in D major op. 32

for Violin and Piano

Rubrik: Noten
Verlag/Label: International Music Company, New York 2006
erschienen in: das Orchester 01/2007 , Seite 85

Druckfrisch aus dem New Yorker Musikverlag International Music Company liegt die 2006 neu erschienene Meditation op. 32 von Alexandr Glazunov vor. Herausgeber ist kein Geringerer als der 1927 in Amerika geborene Weltklassegeiger Aaron Rosand. Rosand hat sich mit dieser Neuausgabe einer lyrischen Miniatur angenommen, wie sie in keinem Zugaberepertoire eines Kammermusikers fehlen darf. Sie stellt ein wunderschönes Beispiel des melodischen und lyrischen Stils der Violinkompositionen Glazunovs dar. Die Komposition erfordert stilistisch den sorgsamen und und subtilen Gebrauch der Portamentotechnik, wie sie das Spiel großer Violinisten wie zum Beispiel Jascha Heifetz und Nathan Milstein, beides Schüler von Leopold Auer, auszeichnete, aber auch eine makellose Bogen- und Lagenwechseltechnik für ein feines cantables Spiel.
Rosand selbst hat in seiner Ausbildung die großen Violinvirtuosen des beginnenden 20. Jahrhunderts, Eugene Ysaye und Efraim Zimbalist, Letzterer ebenfalls Schüler von Leopold Auer, noch kennen gelernt. Er vereint in sich deren geigerisches Vermächtnis und führt so zwei unterschiedliche violinistische Traditionen fort. Der Herausgeber hat seine Vorstellung zur Realisation des Stücks im Notentext durch individuelle Fingersätze und Portamentovorschläge notiert. Dabei ist der Ausgabe wohltuend anzumerken, dass die technische Bearbeitung aus der Praxis für die Praxis entstanden ist.
Die Melodie dieser kleinen musikalischen Kostbarkeit entfaltet sich ausdrucksstark von den tiefen Saiten bis in die hohen Regionen der Violine und gibt dem Geiger in dieser kammermusikalischen Version – Glazunov hat das Stück später selbst für Violine und Orchester bearbeitet – die Möglichkeit, das Timbre seines Instruments mit klanglicher Intensität und ausdrucksstark zu präsentieren. Hierbei werden Instrument und Spieler die Fähigkeit abverlangt, auch im Piano- und Mezzobereich klanglich zu überzeugen. Nur in zwei kurzen Agitato-Phasen bietet sich die Gelegenheit zu einer großen dynamischen Steigerung, um sofort in ein intensives Piano voll großer innerer Spannung zurückzukehren.
Im Gegensatz zu manch einem für Violine und Klavier bearbeiteten orchesterbegleiteten Stück ist dem durchsichtigen Klaviersatz deutlich anzumerken, dass der Komponist ihn zunächst für diese Besetzung konzipiert hat. Beiden Spielern wird ein gut synchronisiertes Rubatospiel abverlangt. Diese musikalische Preziose stellt eine Bereicherung für jedes Repertoire dar.
Uwe Gäb