Mannheim brass id
Werke von Vivaldi, Bach, Debussy, Piazzolla und Bernstein
Was passiert eigentlich, wenn man die Suchmaschine Google mit dem Begriff Brass füttert? Sie spuckt, nach Seiten gleichnamiger Informatiker und Reiterhöfe, sehr bald die Homepage www.germannbrass.de aus, gefolgt von www.harmonicbrass.de, www.cologne-concert-brass.de, www.womeninbrass.de, www.expressbrassband.de und Hunderten anderer Ensemble-Sites. Manche Namen hat man schon gehört, die meisten auch als Blechbläser und Brass-Liebhaber noch nicht. Auch Mannheim Brass muss man, obwohl das Ensemble über sich selbst schreibt: seit Jahren als eines der führenden deutschen Blechbläserquintette, und obwohl es bereits 1990 gegründet wurde, nicht zwangsläufig begegnet sein. Zu groß ist die Zahl derjenigen Formationen, die in gleicher Güte mit ähnlichem Repertoire auf hohem Niveau unterwegs sind.
Die Mitglieder von Mannheim Brass, Klaus Bräker und Wolfram Lauel (Trompete), Reimer Kühn (Horn), Matthias Gromer (Posaune) und Stefan Heimann (Tuba), nehmen Spitzenpositionen in Baden-Württembergs Orchestern ein. Ihre ersten drei CDs vereinen Originalkompositionen und Bearbeitungen, nicht zuletzt von Werken Johann Sebastian Bachs. Nun sind auf id, der vierten CD, ausschließlich Arrangements zu hören, die
von Posaunist Matthias Gromer jedoch eigens für das Ensemble bearbeitet wurden.
Das Ergebnis überzeugt zunächst nicht uneingeschränkt: Hektisch und ohne Einwärmphase für den Hörer startet die CD mit einem hochvirtuosen As-Dur-Konzert von Antonio Vivaldi, das die Besetzung klanglich nicht selten überfordert. Die in den 1980er Jahren aufgenommene Bearbeitung der Vier Jahreszeiten mit den Kollegen von Canadian Brass leidet übrigens unter dem gleichen Problem: Sie klingt sehr nach Arbeit. Bei Mannheim Brass sticht zudem die Piccolo-Trompete von Klaus Bräker zu deutlich heraus und bringt den Zusammenklang ins Wanken.
Etwas besser gelingt Bachs c-Moll-Konzert BWV 1060, und ab der Petite Suite von Claude Debussy, im Original für Klavier gesetzt, macht diese CD richtig Spaß. Was nicht zuletzt am formidablen tiefen Blech liegt, das einig und wunderbar musikalisch agiert. Am meisten imponiert, wie leicht und rund, ohne jemals den Ton ungebührlich zu forcieren, Hornist Reimer Kühn die insgesamt geringere Lautstärke seines Instruments auszugleichen vermag. Manchmal verschmelzen Horn und Posaune regelrecht miteinander.
Tollkühne Nummern von hohem Unterhaltswert (ergänzt durch Christoph Wiedmann am Schlagzeug) enthält Astor Piazzollas Histoire du Tango, hier zieht Arrangeur Gromer alle Register der klangfarblichen Bearbeitungskunst. Ein echter Hinhörer ist auch das Divertimento von Leonard Bernstein zum Abschluss, mit einer lässig-bitteren Mazurka und dem grotesken Turkey Trott. Bei Sphinxes scheinen weit mehr als nur fünf Musiker mitzuspielen.
Insgesamt setzt Mannheim Brass auf klangliche Originalität, die sich wohltuend vom Hochglanz-Sound etwa der Vorzeige-Blechbläser von German Brass abhebt.
Johannes Killyen