Sistenich, Frank / Christine Theobald (Hg.)

Malakhovs Dornröschen

Seitensprünge mit dem Staatsballett Berlin. Fotografien von Monika Rittershaus

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: Schott, Mainz 2006
erschienen in: das Orchester 01/2007 , Seite 79

Wenn das eigentliche Kommando zur Eröffnung des Wiener Opernballs „Alles Walzer!“ heißt, so steht die Dornröschen-Neuinszenierung von Vladimir Malakhov beim Staatsballertt Berlin eindeutig unter dem Motto „Alles Rosen!“ Eine Rose ist eine Rose ist eine Rose, ist man versucht, Gertrude Stein zu paraphrasieren, denn dies ist das Ballettreich der Rosen. So sticht sich auch die Prinzessin nicht an einer Spindel, sondern am Dorn einer langstieligen Rose. Es ist der einzige dieser opulenten Inszenierung, denn im Übrigen hat Malakhov dem Ballett alle Dornen gekappt. Keine Chance also für Carabosse, die Unheilsfee! Gäbe es einen Weltkongress der Rosenzüchter, stünde auf dem Festprogramm zweifellos ein Gala-Abend mit der Berliner Dornröschen-Produktion.
Und dies ist auch der Titel der großformatigen, luxuriös ausgestatteten Buchpräsentation: Malakhovs Dornröschen – Seitensprünge mit dem Staatsballett Berlin, herausgegeben von Frank Sistenich, Hochschullehrer für Internationales Marketing, Freizeit und Tourismuswissenschaft, und Christiane Theobald, Betriebsdirektorin und stellvertretende Intendantin des Staatsballetts Berlin, mit Fotografien von Monika Rittershaus, einer der renommiertesten Theaterfotografinnen Deutschlands, erschienen bei Schott in Mainz. Ist man mit seiner Lektüre nach 160 Seiten am Ende angelangt, wundert man sich eigentlich nur, dass einem beim Auspacken aus der Klarsichthülle nicht eine Rosenduftwolke entgegen geschwebt ist.
Eingangs meditiert Malakhov über seinen Dornröschen-Traum und das Glück, ihn mit seiner Kompanie verwirklicht zu haben. Dann kommen Sistenich/Theobald mit einem Prolog zu Worte, die den Erlösungskuss nach hundertjährigem Schlaf auf die Neugeburt des Berliner Balletts beziehen (als ob es während der Tatjana-Gsovsky-Ära nicht bereits ein putzmunteres Dasein geführt hätte), um sich dann in einem Essay mit der Geschichte des Tschaikowsky-Klassikers und das Berliner Inszenierungskonzept zu befassen, welches „den offenen Rosengarten der Bühne bis in die Zuschauerfoyers“ ausweitetet.
Es folgen die drei Akte der Fotopräsentation: Akt 1 in schwarz-weiß beim Training und den ersten Proben im Ballettsaal, Akt 2 in Farbe bei den Bühnenproben in Maske und Kostüm und schließlich Akt 3: die eigentliche Aufführung, natürlich in Farbe, inklusive Schlussapplaus, ein paar Schnappschüsse hinter der Bühne und die Katerstimmung nach der Premierenfeier.
Ein bisschen kommt man sich danach wie auf einem Empfang beim Herrn Faninal vor, dem kommissarischen Rosenkavalier-Schwiegervater, als Gründer einer neuen Berliner Ballettdynastie im Zeichen der „Luxus ist geil“-Gesellschaft.
Horst Koegler