Langley, Lee
Madame Butterflys Schatten
Roman
Japan übt auf den Besucher eine eigene Faszination aus, der sich auch Lee Langley nicht entziehen konnte. So ist eine erheblich erweiterte Nacherzählung von Madame Butterfly entstanden. Dass die Musik Puccinis fehlt, wird oft schmerzlich spürbar. Der Roman ist langatmig, zwar nicht ohne Fantasie, aber die vielen historischen Fakten verzögern den Gang der Handlung. Hinzu kommt, dass die Autorin mit übermäßig vielen Adjektiva arbeitet, was dem Stil nicht gerade Eleganz verleiht. Apart ist die Verwendung japanischer Worte, die allerdings nicht immer übersetzt werden. Reizvolle Bilder beleben den Text so ist die Rede von Gestalten mit flachen Strohhüten, die sich aufrichten und wie Pilze wirken, die aus dem Grün in die Höhe schießen.
Die Personen, die auftreten, sind weitgehend der Oper Puccinis entnommen. Die Namen unterliegen kleinen Änderungen: So wird aus Kate Nancy und Linkerton heißt Pinkerton. Ansonsten bleibt vieles beim Alten, jedoch um unzählige Nuancen erweitert. Wenn von Stille zwischen Worten die Rede ist, denkt man an Pausen in der Musik. Auf relativ peinliche Intimitäten im Bett wird nicht verzichtet. Ein Tee-Ritual, Chanoyu genannt, ist in die Länge gezogen, es besitzt mystische Bedeutung.
Der Roman folgt der Vorlage bis zur kurzen Rückkehr Pinkertons mit seiner amerikanischen Frau. Sie nehmen das Kind mit. Nun ändert sich das Bild. Zurückgekehrt in die USA beginnt die Wirtschaftskrise.
Pinkerton nennt sich nun Ben, verlässt die Marine und eröffnet eine Autowerkstatt. Das Kind, Joy genannt, sehnt sich nach seiner Mutter Cho-Cho. Die schlechte Zeit wird in kräftigen Ausdrücken gemalt. Ben schließt sich einem Zug von Veteranen nach Washington an, um zu protestieren. Im Kampf fällt er. Nancy muss sich als Putzfrau verdingen und beteiligt sich beim Wahlkampf für Roosevelt. Nun gibt es immer wieder Rückblenden, so ein Brief von Cho-Cho, die durch Konsul Sharpless von Bens Tod erfährt. Sie hat ein amerikanisches Restaurant eröffnet und interessiert sich für Frauenrechte.
Die Ereignisse überschlagen sich: Angriff auf Pearl Harbor, Joy wird als Ausländer (Japse) in ein Lager gebracht (viel zu ausführlich geschildert), das einem Konzentrationslager gleicht mit Wachtürmen etc. Joy meldet sich zum Heer und darf das Lager verlassen. Es folgen endlose Kriegsszenen in Italien und Frankreich, dann plötzlich ist er frei und reist nach Japan. Dort erfährt er von den Angriffen auf Hiroshima und am Schluss vom Tod seiner Mutter. Jetzt erst wird der Titel erklärt. Cho-Cho hat bei ihrem Tod einen Schatten an der Wand hinterlassen. Joys Schatten vermag den ihren nicht zu berühren, weil sich eine Wolke vor die Sonne schiebt.
Letztlich ist es unverständlich, dass Elke Heidenreich ein solch zwiespältiges Buch in ihrer Edition erscheinen ließ.
Ingrid Hermann