Moosdorf, Matthias (Hg.)

Ludwig van Beethoven. Die Streichquartette

Werkeinführung mit Audio-/Video-DVD

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: Bärenreiter, Kassel 2007
erschienen in: das Orchester 11/2008 , Seite 58

Die Streichquartette Ludwig van Beethovens gelten neben seinen Klaviersonaten und Symphonien als diejenige Gattung, an der sich seine künstlerische Entwicklung vom Nachfolger Wolfgang Amadeus Mozarts und Joseph Haydns in Wien bis zum Wegbereiter der musikalischen Moderne durch sein Spätwerk am deutlichsten nachzeichnen lässt. Es ist daher zu begrüßen, dass diese äußerst komplexen, sowohl Musikliebhabern als auch professionellen Musikern auch heute noch häufig rätselhaft erscheinenden Werke durch eine schmales Bändchen in der Reihe „Bärenreiter Werkeinführungen“ erschlossen werden.
Das Buch erschien aus Anlass des 20-jährigen Bestehens des Leipziger Streichquartetts und wurde vom Violoncellisten des Ensembles, Matthias Moosdorf, herausgegeben. Im Anschluss an einen eloquent verfassten Essay über die Zeitkonzeption Beethovens („Beethoven – Musik der anderen Zeit“) von Peter Gülke und einer Betrachtung der Genese der späten Streichquartette („Vom Einfall zur Drucklegung“) von Emil Platen nehmen Werkbesprechungen von Gerd Indorf den Hauptteil des Buchs ein.
Die knappen Kommentare Indorfs, der vor kurzem mit einer selbstständigen Monografie zu Beethovens Quartettschaffen hervorgetreten ist, sind informativ, skizzieren die Entstehungsgeschichte der Werke und erläutern die musikalische Struktur der einzelnen Sätze. Während die analytischen Kommentare solide sind, erscheinen mir die inhaltlichen Wertungen gelegentlich zu subjektiv. Der Leser, der die Partituren zur Hand hat, kann den Ausführungen Indorfs anhand der zahlreichen Taktverweise gut folgen; als eine Alternative für den partiturunkundigen Liebhaber der Quartette teilt der Autor die jeweiligen Zeitangaben der Einspielung des Leipziger Streichquartetts mit.
Dieses Verfahren eröffnet in der heutigen Zeit zweifellos eine Chance, ein breiteres Publikum an musikalische Werke heranzuführen. Allerdings wird in der vorliegenden Publikation die Einspielung des Leipziger Streichquartetts so stark in den Vordergrund gerückt, dass sich insgesamt der Eindruck aufdrängt, es handele sich bei dieser „Werkeinführung“ um einen verkappten Werbetext für die Gesamteinspielung von Beethovens Streichquartetten durch das Leipziger Streichquartett. Dass der Leser an keiner Stelle des Buchs erfährt, dass der Herausgeber Matthias Moosdorf der Violoncellist dieses Ensembles ist, ist in diesem Zusammenhang bedauerlich. Dabei läse jeder Leser dessen Überlegungen zu „Aspekten der Interpretation und Aufführungspraxis“ mit anderen Augen, wüsste er, dass diese aus der Perspektive des Interpreten geschrieben sind.
Das Buch endet mit Peter Korfmachers Besprechung der 20 vorliegenden Gesamteinspielungen von Beethovens Streichquartetten. Und obgleich ich die außerordentlichen künstlerischen Verdienste der Einspielung der Leipziger keineswegs bezweifele, so stellt sich doch die Frage, ob es angemessen ist, dieser Aufnahme vier von insgesamt zehn Druckseiten zu widmen.
Felix Wörner

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