Joseph Haydn
London Symphonies Nos. 101 & 103
Die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen, Ltg. Paavo Järvi
Rückblickend war der Tod von Joseph Haydns Dienstherrn, dem Fürsten Nikolaus von Esterházy im Jahre 1790, ein entscheidender Impuls im Leben und Wirken des Komponisten: Der Nachfolger des Fürsten, welcher der Musik weitaus weniger zugetan war als sein Vorgänger, entließ Haydn – ausgestattet mit einer stattlichen Rente – nach fast drei Jahrzehnten aus den höfischen Diensten. Finanziell abgesichert und entbunden von seinen Dienstpflichten ließ er sich in Wien nieder und konnte sich fortan ganz seiner Kunst widmen. So entstand ab 1790 in den fast 20 verbliebenen Lebensjahren Haydns bedeutendes Spätwerk, zu dem auch die sogenannten Londoner Sinfonien gehören. Ihren Beinamen verdanken diese Werke Haydns beiden London-Reisen, wo er für das dortige, bereits kommerziell geprägte und damit im Gegensatz zum europäischen Festland durchaus fortschrittliche Musikleben diese Zyklen an insgesamt zwölf Sinfonien schuf. Für die Gattungsgeschichte gelten die Londoner Sinfonien als Meilenstein, da diese eine Reihe an Neuerungen mit sich brachten, an welche später besonders Ludwig van Beethoven mit seinem sinfonischen Schaffen anknüpfen sollte.
Die vorliegende CD besticht mit einer ausgesprochen authentischen Interpretation der Sinfonien Nr. 101 Die Uhr und Nr. 103 Mit dem Paukenwirbel, welche Haydn für seinen zweiten London-Aufenthalt 1794/95 komponierte. Die im Vergleich zu einem typischen Sinfonieorchester kleinere Besetzung der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen entspricht dabei deutlich besser dem Orchesterklang aus der Entstehungszeit der Werke, sodass – ganz losgelöst von dem Begriff der historischen Aufführungspraxis – ein äußerst authentischer Klang erzielt wird. Der klare und zugleich farbenreiche Orchesterklang, den Paavo Järvi als deren langjähriger Dirigent der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen entlockt, zeichnet in jeder Hinsicht auch die vorliegende CD aus. Die tickende rhythmische Struktur im zweiten Satz, der die Sinfonie Nr. 101 ihren Beinamen Die Uhr verdankt, kommt mit beispielhafter Präzision und Leichtigkeit zur Geltung. Alles erscheint bei Järvi in einem natürlichen Fluss, sodass auch der Trommelwirbel, mit dem die Sinfonie Nr. 103 eröffnet wird, in einem ausgewogenen Verhältnis zur übrigen Faktur steht. Ebenso wird der aus manchem Werk sprechende Haydn’sche Humor dank Järvis ausgesprochen feinsinnigem Dirigat ansprechend vermittelt.
Der Ruf eines herausragenden Klangkörpers mit internationaler Beachtung, den sich die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen insbesondere mit Aufnahmen von Werken der großen Sinfonik des 19. Jahrhunderts – man denke hier an die Gesamtaufnahme der Brahms-Sinfonien – erarbeitet hat, wird durch die vorliegende Einspielung der beiden Haydn-Sinfonien weiter gefestigt.
Bernd Wladika