Live. Percussion Project Rostock
Konzertmitschnitt aus dem Katharinensaal der Hochschule für Musik und Theater Rostock, Bonus: Percussion Project in Brasilien
Es war sicher an der Zeit, dass sich ein Perkussions-Ensemble auf den Weg machte, um eine Mitschnitt-DVD vorzustellen. Denn die visuellen Aspekte eines Konzerts haben bei der Perkussion immer einen zusätzlichen Stellenwert. Sie machen bei entsprechenden Interpretationen sowohl Musikalität, instrumentale Technik als auch die Vitalität und das Engagement der Spieler sichtbar und überschreiten so oft die Konventionen klassischer Konzerte. Das Zusammenwirken von Spiel, Ton, Bild und Realität kann zu einem Gesamtkunstwerk werden, wenn Einstellungen und Kamerafahrten die Aspekte der Kompositionen, aber auch die für die Perkussion typischen Bewegungsabläufe zusätzlich einfangen und verdeutlichen.
Unter Berücksichtigung dieser spezifischen Eigenarten ist die vom Percussion Project Rostock vorgelegte DVD ein gelungenes Beispiel für die Möglichkeiten eines Livemitschnitts. Die Gründungsmitglieder Wolfgang Morbitzer, Holger Kirchhoff, Frank Petrak, aber auch die Gäste Edith Salmen, Andreas Haase und Frank Bauer zeichnen sich aus durch die Dynamik ihres Spiels, durch die abgestufte Produktion der Klänge, und es gelingt ihnen fast immer, die wechselhaften Stimmungen der unterschiedlichsten Partituren einzufangen. Die wenigen Schwankungen in der Homogenität des Ensembles werden überdeckt und eingefangen von der Spielfreude und dem Spielwitz der Gruppe.
Mit dem eingangs gespielten Säbeltanz von Aram Chatschaturjan wollte das Ensemble sicher die zahlreich erschienenen Konzertbesucher im Katharinensaal der Musikhochschule in Rostock einstimmen, allerdings ist die Bearbeitung eines so bekannten Gassenhauers doch recht problematisch und vom Original meilenweit entfernt.
Eine exzellente Klangstudie liefert dagegen Edith Salmen mit der intimen Interpretation von Spider Walk von Marta Ptaszynska. Die Solistin, erfahren mit Aufführungspraktiken der experimentellen Musik, verbindet die kleinen ryhthmischen Patterns überlegt zu durchgängigen Strukturen. Wolfgang Morbitzer, Philharmoniker und Drummer, interpretiert Black Page von Frank Zappa voller Spielfreude, hier und da klanglich aufgespalten, aber immer ziseliert. Mit seinem Partner Holger Kirchhoff kommt er zu einem von tänzerischer Leichtigkeit geprägtem Zwiegespräch. Mitch Markovich, in den USA mehrfach preisgekrönter Rudimental-Solist, versprüht in Teamwork ein Feuerwerk rhythmischer Einfälle, die vom Quartett des Ensemble virtuos und humorvoll gemeistert werden. Faraj Karaev, dessen Kompositionen verschiedenen Traditionen verbunden sind, lässt vier Spieler in seiner Stafette in melismatischer Praxis, wie in der orientalischen Musik üblich, ein Marimba mit einfachen Tonfolgen und fast choreografischen Schrittfolgen umkreisen.
Höhepunkt des Konzerts ist sicher Hiérophonie von Yoshihisa Taira, eine Komposition, die in ihrer Dichte und Lyrik an die traditionellen japanischen Theater Kabuzi und Nô erinnert. Hier zeigt sich das ganze musikalische Repertoire des Ensembles: Die Musiker haben die Transparenz dieses Werks erfasst und interpretiert und sie haben in den Improvisationsteilen Mut, die besonderen klanglichen und dynamischen Eigenschaften der Instrumente auszuspielen.
Als Schmankerl sozusagen verabschiedet sich das Stammquartett mit Samba Life von Eckhard Kopetzki, einem witzig-ironischen Tanz, der nicht nur den Musikern, sondern auch dem Publikum großen Spaß macht. Die DVD wird abgerundet durch einen Bonus-Track vom Besuch und einem Konzert der Musiker in Belem/Brasilien. Hier zeigt sich einmal mehr im Konzert und auf den Straßen die viel beschriebene Lebensfreude der Brasilianer.
Siegfried Fink