Redel, Martin Christoph
Light op. 57
Fantasie für Flöte und Schlagzeug, Spielpartitur
Mit der Besetzung von Flöte und Schlagzeug führt Martin Christoph Redel in Light op. 57 zwei Instrumente zusammen, die seine Biografie prägen. Einerseits ist die Perkussion das musikalische Handwerk und Ausdrucksmittel, mit dem er seine professionelle Laufbahn begründete. Andererseits gehörte sein Vater Kurt zur flötistischen Prominenz. Gerade einmal zwei Monate investierte Redel in die Komposition seiner Fantasie Light und erhielt ihr den Charakter des Leichten, Improvisatorischen. Sehr behutsam lotet er die klanglichen Potenziale der Instrumente aus.
Sanftmütig startet das Vibrafon, über dessen schwebenden und dünn gesetzten Tönen die Flöte spielerisch, aber unaufdringlich ihre ersten Melodien legt. Fünf mit Aggressivo bezeichnete Takte beenden den träumerischen Beginn. Und in diesen Takten deutet sich an, wonach Redel im Verlauf des Stücks immer wieder und immer stärker strebt: das Vertauschen der Rollen der beiden Stimmen. Hier sind es noch fünf Kuhglocken, die parallel zu spitzen Flötenstaccati laufen. Später wird sich die Flöte mit verschiedensten modernen Spieltechniken zum Geräuscherzeuger wandeln. Ihre Linien sind eher Vehikel für
Sounds als werkbestimmende Melodien.
Durch den Einsatz definiert gestimmter Schlaginstrumente wie dem Vibrafon oder den antiken Zimbeln erhält die Schlagzeugstimme harmonie- und melodiebildenden Charakter. Das dreht sich auch wieder zurück und mit dieser Technik schafft Redel Takt für Takt immer aufs Neue faszinierende Klangbilder. So zum Beispiel ab Takt 78, wenn sich zur rhythmischen Verdichtung des Kuhglockenmotivs die Flöte wild klappernd aufschwingt, ehe ein harter Beckenschlag den Abschnitt beendet. Flageoletts der Flöte schwirren leise über den zarten Pings der antiken Zimbeln. Nur selten möchte Redel Unruhe stiften. Wenngleich die Veränderungen in Light op. 57 zügig voranschreiten, ist grobe Hektik nicht zu vernehmen. Selbst die flinke, sich bis zum dreifachen Forte dynamisch aufschwingende Schlussführung schafft eher den Eindruck von Vorüberfliegendem.
Flötisten, die sich an dieses Werk heranwagen, müssen offen sein für klangliche Experimente. Selbst in schwierigen geräuschhaften Spieltechniken ist Flexibilität erforderlich, um das Maximum an Soundvielfalt zu produzieren. In dieser Hinsicht sind Schlagzeuger traditionell meist besser geschult. Aber trotz der vielen unterschiedlich harten Schlagwerkzeuge erfordert Light auch vom Perkussionisten Sensibilität in den Anschlagstechniken und zudem die Bereitschaft, auf allen dynamischen Niveaus mit der an und für sich leiseren Flöte verschmelzen zu wollen. Mit diesen Grundvoraussetzungen ist die Basis für eine attraktive, spannungsgeladene Aufführung eines faszinierenden Duetts gelegt.
Tim Frieser