Les Ballets Russes Vol. 3

Werke von Claude Debussy, Florent Schmitt und Igor Stravinsky

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Hänssler 93.223
erschienen in: das Orchester 05/2009 , Seite 70

Marguerite Long, die 1932 das ihr gewidmete Konzert für Klavier und Orchester von Ravel uraufführte, gab in ihrem Buch !Au piano avec Maurice Ravel” einen Ausspruch dieses Komponisten zum “Prélude à l’après-midi d’un faune” (1892-1894) von Debussy wieder: „Das ist das schönste Werk der ganzen Musik; wenn ich es höre, könnte ich sterben!“ Als Anregung hatte Debussy ein Gedicht von Mallarmé gedient. Das erfolgreiche Orchesterstück wurde 1912 in einer Inszenierung von Diaghilev mit der Choreografie von Nijinsky in Paris als Ballett präsentiert, zusammen mit “Daphnis et Chloé” von Ravel.
Diaghilev war im zweiten und dritten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts ein wichtiger Auftraggeber für Komponisten, besonders in Frankreich. Er arbeitete außer mit Debussy, Ravel, Satie, Prokofjew, Respighi und Poulenc vor allem mit Strawinsky zusammen, der für ihn nicht nur den “Feuervogel”, “Petruschka” und “Le Sacre du Printemps” komponierte, sondern auch “Pulcinella” und “Les Noces”.
Der aus Lorraine (Lothringen) stammende Florent Schmitt (1870-1958) ist Zeitgenosse von Debussy und Ravel, die er um viele Jahre überlebte. Er kam 1910 nach Paris, wo er als Komponist, Pianist, Kritiker und Funktionär wirkte. Bei der Feuervogel-Premiere lernte er Strawinsky kennen, dem er sich bald freundschaftlich verbunden fühlte und dessen Werke er sehr schätzte. Als er nach der Premiere von Le Sacre du Printemps schrieb: „Igor Strawinsky ist, wie ich glaube, der Messias, auf den wir seit Wagner gewartet haben“, erntete er allerdings weitgehend Befremden.
Als Komponist hatte Schmitt nicht annähernd solchen Erfolg wie seine berühmten Kollegen. Der SWR präsentiert eines seiner Hauptwerke, “La Tragédie de Salomé”, das – ursprünglich 1907 für eine Experimentaltänzerin geschrieben – 1913 von Diaghilev als Ballett aufgeführt wurde. Die farbenreiche, fast halbstündige Suite steht zwischen Spätromantik, Impressionismus und neuer Musik à la Strawinsky; besonders interessant sind vom Rhythmus dominierte Teile, die Strawinskys Sacre bereits ahnen lassen.
Petruschka sollte ursprünglich ein Konzertstück mit solistischem Klavier werden. Diaghilev veranlasste Strawinsky, daraus ein großes Tanzspiel zu machen. Das Stück gefiel Fachleuten wie Debussy und Ravel schon bei der Premiere 1911 – und wurde in der Folgezeit zu einem der populärsten Orchesterwerke des 20. Jahrhunderts.
Das SWR Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg gilt immer noch als eines der besten deutschen Orchester. Seit 1999 ist Sylvain Cambreling Chefdirigent, der in einem breiten Repertoire vom Barock bis zur Moderne eine französische Komponente in das Repertoire gebracht hat. Die hohen technischen und musikalischen Qualitäten von Orchester und Dirigent, mit den Frauenstimmen vom SWR Vokalensemble Stuttgart bei “La Tragédie de Salomé”, lässt die CD bei hoher Klangqualität zu einem Genuss werden. Dazu trägt nicht zuletzt die Tatsache bei, dass auch ein – zumindest außerhalb Frankreichs – wenig bekanntes, aber interessantes und hörenswertes Opus von Florent Schmitt vorgestellt wird.
Peter Roggenkamp

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