Schmelzer, Johann Heinrich
Lamento sopra la morte Ferdinandi III.
für Violine, 2 Violen, Organo e basso
Mit dieser Neuausgabe wird ein besonders schönes Werk des österreichischen Komponisten Heinrich Schmelzer (gest. 1680) zugänglich gemacht. Schmelzer kam 1623 in Scheibbs, etwa hundert Kilometer westlich von Wien zur Welt. Im Alter von 25 Jahren lässt er sich in Wien nachweisen, wo er bald am kaiserlichen Hof als Geiger eine Position erhält und Karriere macht: So hat er die Ballettmusiken zu den Hofopern zu liefern und wird auch zunehmend mit organisatorischen Aufgaben betraut. Kurz vor seinem Tod wird er zum Hofkapellmeister bestellt, eine Position, die seit langem ausländischen Spitzenmusikern vorbehalten geblieben ist.
Unter Kaiser Ferdinand III. wurde Schmelzer in die Hofmusikkapelle aufgenommen, weshalb der musikalische Nachruf auf den selbst komponierenden Monarchen nachvollziehbar ist. Echte Trauermusik finden wir im ersten Abschnitt, der anfangs von kurzen, fast stockenden Phrasen geprägt ist und erst im Verlauf zu immer längeren Melodiebögen findet. Auch die Tonart (h-Moll) und der harmonische Verlauf stimmen schwermütig. Freundlichere Töne bringt die tonmalerisch eingeführte Todtenglockh, dargestellt durch die Zerlegung des G-Dur-Dreiklangs über zehn Takte. Zwei bewegte Abschnitte teils polyfoner, teils virtuoser Gestaltung folgen. Den Abschluss bildet wieder ein kurzer, tröstlich anmutender Abschnitt, der auf den lamentoartigen Anfang zurückgreift und zugleich nach h-Moll zurückführt.
Diese ergreifend schöne Sonate liegt seit Jahrzehnten im Band 105 der Reihe Denkmäler der Tonkunst in Österreich in Partitur vor und wird durch diese sehr schöne Ausgabe, die mit großer Sachkenntnis von Konrad Ruhland betreut wurde, endgültig für die Praxis greifbar. Der Notensatz ist übersichtlich, es gibt keine störenden Wendestellen. Die originale Besetzungsangabe im Titel könnte möglicherweise der Verbreitung im Wege stehen: Wohl kaum ist unter den 2 Violen
an zwei Bratschen zu denken. Schmelzer hat an die Besetzung Violine 2 Gamben (für die zum Teil recht hohen Mittelstimmen müssten entsprechend kleine Gambentypen gewählt werden) und Generalbass gedacht. Die im Titel genannte Orgel ist durch Cembalo und/oder Laute ersetzbar.
Heutzutage lässt sich das Werk am besten mit zwei Geigen, Viola und Generalbass ausführen. In letzter Zeit wird es wieder üblich, so wie im Barock den Generalbass nicht auszusetzen. Das setzt einen Spieler voraus, der die notwendige improvisatorische Erfahrung besitzt, den nicht gerade üppig bezifferten Bass harmonisch auszudeuten. Fazit: eine sehr schöne Musik, eine verlässliche Ausgabe, die aber ein gutes Fachwissen voraussetzt.
Marianne und Ernst Kubitschek-Rônez