Christa Brüstle, Robin Hoffmann, Marie-Anne Kohl, Karolin Schmitt-Weidmann (Hg.)

Künstlerisch Intelligent

Transdisziplinäre Positionen aus Komposition, Musikwissenschaft und -pädagogik

Rubrik: Rezension
Verlag/Label: Schott, Mainz
erschienen in: das Orchester 11/2025 , Seite 68

Über künstliche Intelligenz wird viel geredet, mal ist sie die Verheißung einer neuen technologischen Revolution, immer Spekulationsobjekt an den Börsen, dann wieder ein Bedrohungsszenario, in dem das eigenständige künstlerische Schaffen an Bedeutung verliert. In den Veröffentlichungen des Instituts für Neue Musik und Musikerziehung Darmstadt, die alle bei Schott in einer überaus verdienstvollen und anspruchsvollen Reihe erschienen sind, hat man sich stets den aktuellen Themen gewidmet. Im nun vorliegenden Band 64 geht es um das Thema „Künstlerisch Intelligent“, denn „spätestens mit der Vollendung von Beethovens imaginärer X. Sinfonie durch eine kreativ begabte Künstliche Intelligenz scheint die posthumane Ära der Musikgeschichte angebrochen“ (S. 91).
Das Buch umfasst viele Themenkomplexe und schon der Titel ist doppeldeutig, wie die Autor:innen zu Beginn klarstellen. Sie fragen: „Inwiefern geht die künstliche mit einer künstlerischen Intelligenz Verbindungen ein?“ Die Aufsatzsammlung ist dabei mehr als das Protokoll der diesjährigen Frühjahrstagung des Instituts für Neue Musik und Musikerziehung Darmstadt geworden.
Schon das Vorwort liest sich wie ein Abstract. Die Herausgeber:innen haben an den Beginn ihres Bandes den lesenswerten und grundsätzlichen Beitrag der Philosophie-Professorin Katrin Misselhorn gestellt, die in diesem Bereich forscht, publiziert und von der auch das Buch Künstliche Intelligenz – das Ende der Kunst? stammt.Die folgenden Beiträge bauen – anders als bei beziehungslos nebeneinander stehenden Aufsatzsammlungen – in ihrer Argumentation aufeinander auf: Nach allgemeinen Betrachtungen folgen Beispiele aus der Geschichte des Films (wie die sich selbst steuernden Computer in Star Wars und Terminator) oder aus der Welt der Puppen und Marionetten (Christa Brüstle); wobei mit Beispielen aus der elektronischen Musik auf die Frage von Natürlichkeit und Künstlichkeit eingegangen wird. In den Kapiteln über die praktischen Anwendungen und Erfahrungen einzelner Kom­ponist:innen (u. a. Annesley Black, Peter Ablinger, Orm Finnendahl) fehlt auch nicht ein kurzer Überblick von Michael Harenberg und Anna Schümer zur Entwicklung „von Musikautomaten zu KI-generierter Musik“.
In der Mitte des Bands sind die jeweiligen Podiumsdiskussionen wiedergegeben. Im dritten Teil wurden sowohl die Erfahrungen aus Workshops mit selbst gebauten elektronischen Instrumenten mit Schulklassen als auch aus einem Blockseminar mit Studierenden an der Akademie für Tonkunst Darmstadt dokumentiert. Die Aufsatzsammlung eignet sich gut als Einstieg und Vertiefung in das Thema KI und klassische Musik.
Gernot Wojnarowicz

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