Beethoven, Ludwig van
Konzert in C für Klavier, Violine, Violoncello und Orchester “Tripelkonzert” op. 56
Urtext, hg. von Jonathan Del Mar, Partitur / Klavierauszug mit Stimmen / Critical Commentary
In den vergangenen Jahren hat Ludwig van Beethovens Tripelkonzert C-Dur op. 56 an Popularität deutlich eingebüßt, bedingt möglicherweise durch die immer wieder schwer zu erzielende Balance zwischen den Soloinstrumenten. Jonathan Del Mars Neuedition räumt mit den letzten Schlampigkeiten in Sachen Partitur auf, auch mit den wenigen Problemen, die noch in der Neuen Beethoven-Ausgabe (1968) stehen geblieben waren. Seinerzeit waren noch in hohem Maße vereinheitlichende Artikulationszeichen ergänzt worden, eine Technik, der die neuere Editionstechnik differenzierter zu begegnen sucht. Auch wurden Akzente und Schubert-Gabeln unzulässig vereinheitlicht.
Del Mar hat alle heute bekannten Quellen (inklusive einer erst in jüngster Zeit aufgetauchten) ausgewertet und bemüht sich um eine Wiederherstellung des von Beethoven intendierten Urtextes. Erst 1836 war die erste Partiturausgabe des Konzerts erschienen und das erhaltene Quellenmaterial aus Beethovens Zeiten bietet in mancher Hinsicht Schwierigkeiten, die Del Mar allerdings mit beeindruckender Logik überwunden zu
haben scheint.
Auch überraschende Säuberungen musste Del Mar vornehmen. So hatte die alte Beethoven-Gesamtausgabe 1864 an einer Stelle im Klavierpart des ersten Satzes frei improvisiert, um eine Art Wasserzeichen anzubringen, anhand derer die Kopien nach der Ausgabe leicht identifiziert werden konnten; bis zur neuen Gesamtausgabe hatten sich Teile dieses Wasserzeichens perpetuiert, und voller Bescheidenheit hofft Del Mar nun, alle Restspuren dieses Wasserzeichens beseitigt zu haben. Partitur, Klavierauszug (von Martin Schelhaas) und Solostimmenmaterial der neuen Ausgabe überzeugen durch hohe Konsequenz und beste Bärenreiter-Lesbarkeit, sodass wir Beethovens Werk nun ohne Frage so aufführen können wie ursprünglich intendiert.
Einzig in zweierlei Hinsicht mag man Einwände gegen die Edition haben. Zum einen ist der (separat zu erwerbende) Kritische Apparat viel zu teuer und überdies nur in Englisch (überdies wartet er allzu häufig mit
unzulässigen Verallgemeinerungen in einem Sinne auf, der die Nachprüfbarkeit der editorischen Entscheidungen nicht immer gewährleistet), und zum zweiten verzichtet Del Mar auf jedwede eigentliche Einführung in das Werk. Mit einem kurzen Vorwort in der Partitur erläutert er (zweisprachig) die Editionsgrundlagen und einige Besonderheiten, aber die Genese des Werks selbst, die Erläuterung einer Kontextualisierung sowohl innerhalb von Beethovens uvre als auch im Konzertschaffen seiner Zeit fehlt. Gerade der Blick auf den Verkaufspreis und die unlogische Separierung des Kritischen Apparats von der Partitur hätte eine solche Einleitung (die kaum mehr als acht bis zehn Seiten hätte umfassen müssen) mehr als wünschenswert gemacht.
Jürgen Schaarwächter