Matthus, Siegfried

Konzert für Trompete, Pauken und Orchester/Manhattan Concerto for Orchestra/Der Wald

Rubrik: CDs
Verlag/Label: perc.pro 40012004
erschienen in: das Orchester 12/2004 , Seite 90

Aus dem Radio – zumal dem Privatfunk – ertönt zwar meist nur noch der musikalische Mainstream, es gibt sie aber dennoch weiterhin: die kleinen Initiativen, die sich den musikalischen Raritäten widmen und denen es immer wieder gelingt, Musikliebhaber und -kenner mit fürwahr Unerhörtem zu beglücken. Und zunehmend entdecken auch die Interpreten, dass man die Musik, die man liebt und die man mit Herzblut spielt, am besten selbst vertritt und in die Öffentlichkeit bringt. Flugs ist ein eigenes Label gegründet und eine erste CD erschienen.
Bei der hier vorliegenden CD mit schlagzeuglastigen Orchesterwerken des Komponisten Siegfried Matthus hat dankenswerterweise Michael Gärtner, Pauker und Schlagzeuger im Rundfunk-Sinfonieorchester Saarbrücken und einer der Solisten in den Produktionen des Saarländischen Rundfunks, die Herausgabe übernommen – und dafür gesorgt, dass die Aufnahmen von drei wunderbar abgeklärten, effektvollen und moderat-modernen Orchesterwerken nicht in den öffentlich-rechtlichen Archiven verschwinden.
Matthus, einstiger Meisterschüler Hanns Eislers und in diesem Jahr siebzig Jahre alt geworden, ist ein universeller Komponist. Neben seinem umfangreichen Opernschaffen (bislang elf Opern) und seiner Sinfonik bedient er gekonnt und virtuos stets auch die Genres der Gebrauchsmusik, vom Film bis zum politischen Chanson. Zwei seiner größeren Werke der 80er Jahre, das Konzert für Trompete, Pauken und Orchester und das Paukenkonzert Der Wald, werden auf der CD ergänzt durch das 1994 unter Kurt Masur in New York uraufgeführte Manhattan Concerto für Orchester, bei dem die ganze Schlagzeuggruppe alle Register des Instrumentariums und ihres Könnens ziehen muss. Neben virtuosen Stabspiel- und Trommelpartien sowie stimmungsvollen Klangbildern übernimmt vor allem die Solopauke immer wieder wichtige dramaturgische Aufgaben im musikalischen „Programm“ der Kompositionen. So im Konzert Der Wald, wo eine ausgedehnte Paukenkadenz in einem Wutanfall (con rabbia) endet und musikalisch zur abschließenden Rettung des Walds überleitet.
Die vier Schlagzeugsolisten – neben Michael Gärtner noch Wolfram Winkel, Stephan Valentin Böhnlein und der im vergangenen Jahr verstorbene Edgar Guggeis – widmen sich souverän, inspiriert und hörbar begeistert ihren vielfältigen Aufgaben. Die Aufnahmequalität der Produktionen ist so bestechend, dass man z. B. den das Manhattan Concerto in einer großen Kadenz beendenden theatralischen Wettstreit der drei Schlagzeuger auch vor dem Lautsprecher in jedem Detail verfolgen kann: Sieger bleibt – wie nicht anders zu erwarten – der
alles zusammendonnernde, dem Gotte Zeus gleich über dem Orchester thronende Pauker!
Stephan Froleyks

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