Mozart, Wolfgang Amadeus

Konzert für Klavier und Orchester C-Dur KV 503, hg. von Ernst Herttrich / Symphonie Es-Dur KV 543, hg. von Cliff Eisen

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Breitkopf & Härtel/Henle, Wiesbaden/ München 2011
erschienen in: das Orchester 02/2012 , Seite 69

Im Rahmen seiner „Urtext-Ausgaben“ hat Breitkopf & Härtel zwei späte Werke Mozarts zugleich als Dirigierpartitur (hier vorliegend), Orchesterstimmen und als Studienpartitur veröffentlicht. Während Mozart das Klavierkonzert mit großer Wahrscheinlichkeit für seine „Akademie“ am 5. Dezember 1786 komponiert hatte, bei der er auch selbst als Solist mitwirkte, geben seine letzten drei großen Symphonien (unter denen die in Es-Dur die erste ist) immer noch Rätsel auf: Alle stammen aus dem Sommer 1788, doch weiß man bis heute nichts über den Entstehungsanlass, was überraschend ist. Für gewöhnlich schrieb Mozart größere Werke nämlich nur auf Bestellung oder für eigene Auftritte. Nachdem KV 503 und 543 zunächst 1797 jeweils nur in Stimmen erschienen waren, folgten bis heute zahlreiche weitere, qualitativ allerdings recht unterschiedliche Veröffentlichungen, unter denen für die neuere wissenschaftliche Forschung die Neue Mozart-Ausgabe (NMA) eine zentrale Rolle einnimmt.
Der NMA stand für ihre Edition der Symphonie seinerzeit (1957) nur eine alte Kopie des Autografs zur Verfügung, doch nach dem Fall des „Eisernen Vorhangs“ sind viele der bis dahin verschollenen Quellen wieder zugänglich, und auch Cliff Eisen konnte auf das heute in Krakau aufbewahrte Original zurückgreifen. Wer sich mit älteren Handschriften auskennt, der weiß, dass Kopien oder Faksimiles problematische Grundlagen sind, und so macht eine Neuausgabe unter der Berücksichtigung der geänderten Verhältnisse durchaus Sinn. Spektakuläre Erkenntnisse sind davon gleichwohl nicht zu erwarten, da das Werk in seiner Substanz bestens bekannt ist. Und so fallen bei Stichproben auch nur geringfügige Abweichungen vom geläufigen Notentext auf, wie jetzt beispielsweise die ausschließliche Verwendung von Keilen bei der Artikulation, während die NMA zwischen diesen und Staccatopunkten unterscheidet; selten kommen noch kleinere Unterschiede bei der Phrasierung, der Balkung oder in der Dynamik hinzu.
Während der Neuedition der Symphonie KV 543 allein das Autograf zu Grunde lag, bezog Ernst Herttrich beim Klavierkonzert KV 503 auch noch die Erstausgabe, einen im selben Jahr erschienenen Frühdruck (Simrock) sowie eine undatierte zeitgenössische Kopistenschrift ein (bei allen handelt es sich um Stimmen). Die Abweichungen von der NMA sind hier erwartungsgemäß noch geringer. Beide „Urtext“-Produktionen, die in die Verlagsreihe „Partitur-Bibliothek“ aufgenommen worden sind, liefern einen quellenkritisch zuverlässigen Notentext für die Praxis. Eine sorgfältige Aufführungsvorbereitung legt es dem Interpreten in beiden Fällen indessen nahe, auch noch andere qualitativ hochstehende Editionen heranzuziehen und seine Noten danach „einzurichten“.
Georg Günther