Gisbert Näther

Konzert für Flöte und Orchester op. 125

Partitur/Klavierauszug

Rubrik: Rezension
Verlag/Label: Canticus, Hamburg
erschienen in: das Orchester 6/2024 , Seite 66

Gisbert Näther (1948–2021) studierte an der Dresdner Musikhochschule Horn und Komposition. Er war Hornist im Filmorchester Babelsberg und wurde als vielseitiger Komponist durch seine szenischen Werke für Kinder bekannt. Sein Konzert für Querflöte und großes, farbiges Orchester hat er 2008 komponiert. Es ist hier schön klar verlegt, jedoch ohne Vor- oder Nachwort. Der Solopart des 25-minütigen Konzerts ist den Anforderungen des Ibert-Flötenkonzerts ähnlich. Neue Techniken kommen darin nur wenige vor. Auch die Taktwechsel sind überschaubar. Die Rhythmik des 7/8-Takts wird im Vivace brillante gerne ausgeschöpft, als Kontrast zu den (meist) Vierteltakten.
Die traditionelle Satzabfolge ist hier einem einzigen Stück mit klaren Unterteilungen mit Satzbezeichnungen gewichen. Der Hörer wandelt sogleich auf wundersamen Klangteppichen, mit kurzem Orchesterglitzern durchwirkt (bevorzugt in Harfe und Percussion). Im sphärischen Anfang spielt die Flöte ein Motiv mit stimmungsvollen Umspielungen und langgezogenem Viertelton-Glissando um g’ flächig begleitet. Es wird zum Grundmotiv in der Flöte. Freudige, aufgeregte Dialoge mit dem Orchester folgen, viele Tonrepetitionen und Zweiunddreißigstel-Schlangen, die abbrechen und einem Andante Platz lassen, als ob sich das Raumschiff nun in einen weiten Raum gekämpft hat; dann bedrohliche, mysteriös wabernde, sehr tiefe Klänge unter Flötentrillern. Langsam wird es wieder heller. Ein „Star Trek“-Akkord beendet diesen Abschnitt.
Das folgende Adagio ist kurze Reminiszenz an den Anfang des Stücks, doch endet es sogleich in einer Überleitung zur traditionellen Flötenkadenz. Dort malt die Flöte unter anderem auch Vogelgezwitscher, wendet sich dann aber wieder dem Grundmotiv zu. Mit dem Einsatz des Orchesters sind wir zurück bei emsig fröhlicher Betriebsamkeit, hier harmonisch dem Nielsen-Flötenkonzert ähnlich. Der höchste Ton des Stücks, ein d””, beendet den Teil und führt in ein sehr kurzes Adagio als Ruhepunkt vor dem kurzen schnellen Schlusswort.
Näther suchte in seinen versöhnlich-modernen Kompositionen immer die Verbindung zum Publikum: Er wollte Gebrauchsmusik im positiven Sinne schreiben, also Musik, die auch gespielt, genutzt und gerne gehört wird. Als Orchestermusiker hatte er intuitiv eine direkte Vorstellung von Gestik, Klang und Harmonien und wusste, was von den Musiker:innen umsetzbar ist. Dazu deckt das Orchester das Soloinstrument nie zu, sodass das Werk angenehm zu spielen ist und der Zuhörer den Klang der Flöte herrlich genießen kann. Claudia Stein spielte als Solistin mit dem Brandenburgischen Staatsorchester Frankfurt (Oder) 2008 die Uraufführung des Konzerts und nahm es mit diesem auch auf.
Barbara Rosnitschek