Hertel, Johann Wilhelm
Konzert D-Dur für Harfe (oder Cembalo), 2 Hörner, 2 Violinen, Viola und Violoncello
Erstausgabe hg. von Johanna Seitz, Partitur
Mehr als 60 Sinfonien sind von ihm erhalten, dazu einige Oratorien und Kantaten, Kammermusik und Solokonzerte für fast alle Orchesterinstrumente einschließlich der Harfe, die sich zu seiner Zeit relativer Beliebtheit als Konzertinstrument erfreute. Dennoch ist die Musik von Johann Wilhelm Hertel (1727-1789), in Eisenach geboren und in Strelitz, Schwerin und Ludwigslust als Kapellmeister, Komponist und Clavirist tätig, heute nur noch selten Teil des öffentlichen Musiklebens.
Das hat Hertel leider mit vielen Kollegen der Zeit zwischen Hochbarock und Klassik gemeinsam, heißen sie nun Benda, Graun oder Fasch (die er alle persönlich kannte). Selbst Carl Philipp Emanuel Bachs Werk hat es ja schwer, im Konzertsaal allgemein Gehör zu finden. Auf dem Plattenmarkt hingegen bewegt sich mehr. So hat sich etwa das Main-Barockorchester Frankfurt um Hertels Werk verdient gemacht.
Dass sich ausgewiesene Barockspezialisten um diese Musik kümmern, die vom elegant-empfindsamen Stil ins Frühklassische vorstößt, macht durchaus Sinn. Das zeigt auch die Noten-Erstausgabe des D-Dur-Konzerts für Harfe (oder Cembalo), zwei Hörner und Streicher, das nun die Reihe in der Edition Walhall fortsetzt, wo bereits drei Konzertpartituren erschienen sind.
Diese Ausgaben stützen sich auf Autografe oder Abschriften, die in der Brüsseler Bibliothek des Conservatoire Royal aufbewahrt sind. Obwohl undatiert, lässt die Handschrift des D-Dur-Werks eine Entstehung für die Sängerin und Harfenistin Marie Therese Petrini in Hertels Stralsunder Zeit (um 1760) oder später in Schwerin, wo ihr Bruder Franz als Harfenist Mitglied der Kapelle war, vermuten. Dabei löst sich Hertel bei zeittypisch-modischer Melodik und Orchesterbehandlung Mannheimer Einflüsse sind bisweilen erkennbar nicht vom bezifferten Generalbass, wobei Soloinstrument und Continuo über große Strecken parallel laufen.
Detailreich sind Dynamik und Verzierungen angegeben, besonders bei den Soli im Largo-Mittelsatz. Da Hertel sich auch in philosophischen und kunsttheoretischen Schriften geäußert hat, sind diese ästhetischen Aspekte der Neuausgabe für musikhistorisch interessierte Musiker sicher von Interesse, nicht nur mit Bezug auf Hertels Gründlicher Anweisung, wie man den Gb. recht tractiren soll (1748). Immerhin wurde in einem Lexikon zu Johann Wilhelm Hertels Lebzeiten publiziert, dass er seit der Mitte des Jahrhunderts zu unseren geschmackvollsten Komponisten gehöre. Daran kann man sich auch heute noch durchaus orientieren.
Matthias Roth