Mendelssohn Bartholdy, Felix/Emil Hartmann

Klaviertrios

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Thorofon CTH 2561
erschienen in: das Orchester 03/2010 , Seite 69

Das Hyperion-Trio – das Ensemble setzt sich zusammen aus Hagen Schwarzrock (Klavier), Oliver Kipp (Geige) und Katharina Troe (Cello) – brachte 2006 eine vier CDs umfassende Zusammenstellung von Klaviertrios von Schubert, Mendelssohn, Schumann, Brahms und Liszt heraus. Die jetzt vorgelegte CD beinhaltet die Einspielung von Mendelssohns d-Moll-Trio op. 49 von damals, aber auch eine Neuaufnahme des c-Moll-Trios op. 66 und ein Trio von Emil Hartmann.
An Mendelssohns schon 2006 veröffentlichtes d-Moll-Trio geht das Hyperion-Trio mit viel Spannkraft und Elan heran. Die Textur im Kopfsatz zeigt sich zwar nicht besonders trennscharf, aber die Zuweisungen der motivischen und thematischen Bezüge in den einzelnen Stimmlinien werden deutlich genug herausgearbeitet. Der eigentypische Gestus Mendelssohns, das schwärmerisch Ausholende wie ebenso das zupackende Drängen kommen kongenial zum Ausdruck. Nicht übertrieben sanglich gehalten, aber im besten Sinne liedhaft, im Klavierpart agogisch sensibel ausgehört, ansonsten angelegt in großräumigen Entwicklungskurven und spannungsreichen Klangbögen bekommt man das Andante zu hören. Das Scherzo besitzt das angemessene Temperament, es erscheint aber etwas zu vordergründig und zu laut. Mit seiner dringlichen Diktion und der lebendig aufgefächerten Bandbreite der Ausdruckshaltung kann der Finalsatz dagegen nachhaltig überzeugen.
Im c-Moll-Trio agieren die Künstler etwas zurückhaltender. Das schwelgerische Moment im Eingangssatz wird hier bei allem spürbaren Engagement doch ziemlich nüchtern ausgelegt, und das Scherzo könnte man sich auch in diesem Werk noch lockerer und leichtgewichtiger vorstellen. Den Finalsatz durchmisst das Hyperion-Trio mit dem nötigen Nachdruck und einer deutlichen Zeichnung von dessen Duktus. Mendelssohns lebhafte Lineatur, das Spiel mit den wechselweise eingeworfenen Kommentaren der einzelnen Instrumente wird dabei präsent herausgearbeitet.
Die beiden Mendelssohn-Trios werden mit dem Trio B-Dur op. 10 (1867) des 1836 in Kopenhagen geborenen Emil Hartmann verknüpft. Mendelssohn und Hartmann passen durchaus zueinander, stilistisch und biografisch. Hartmann ist der Bruder der Ehefrau des Komponisten Niels Wilhelm Gade, der wiederum Mendelssohns Stellvertreter am Leipziger Gewandhaus war und nach dessen Tod für einige Jahre sein Nachfolger. Mendelssohn hatte schon in den Kompositionen Gades deutliche Spuren hinterlassen, und dies hatte auch auf dessen Schwager unüberhörbare Nachwirkungen.
Sehr überzeugend gelingt dem Hyperion-Trio der Übergang vom schwermütigen Andante zur kraftvollen Allegro-Attitüde im Kopfsatz des Werks. Da hellt sich der Klang regelrecht auf, da eröffnet sich dem Zuhörer eine ganz neue Ausdruckssphäre. Leicht und beweglich gehalten ist das nachfolgende Scherzo. Flexibel werden die unterschiedlichen Ausdrucksbereiche im Andante aufgegriffen, nur hätte man sich in diesem Zusammenhang den kantablen Tonfall der Cellistin klanglich noch offener und weniger belegt gewünscht. Ein von den Interpreten agil und schwungvoll angepacktes Finale beschließt diese hörenswerte Wiederentdeckung Emil Hartmanns.
Thomas Bopp