Ries, Ferdinand
Klavier-Trios Es-Dur op. 2 / c-Moll op. 143
Partitur und Stimmen
Als Klavierschüler Beethovens zwischen 1801 und 1805 und als Mitarbeiter an F. G. Wegelers Biographischen Notizen über Beethoven genießt Ferdinand Ries (1784-1838) einen besonderen Ruf, auch wenn seine zahlreichen Klavierwerke und die 26 Streichquartette im Konzertleben schon lange keine nennenswerte Rolle mehr spielen. Seine in diesen Neuausgaben jetzt wieder zugänglich gemachten beiden Klaviertrios in der Standardbesetzung Klavier, Violine und Violoncello zeigen ihn als späten Vertreter des klassischen Stils, nicht so sehr als frühen Romantiker, wie es seiner Zeitgenossenschaft beispielsweise mit Carl Maria von Weber entsprochen hätte.
Das Es-Dur-Trio, in zeitlicher Nähe zu Ries Umgang mit Beethoven entstanden, vermag durch große Spielfreude in den Ecksätzen und durch liedhafte Gestaltung im c-Moll-Mittelsatz (Andante un poco Allegretto) für sich einzunehmen, wenn auch die schlichte Thematik mit fast vorhersagbaren Verläufen eine qualitative Differenz zum Beethoven jener (und erst recht späterer) Jahre überdeutlich macht.
Das 1826 geschriebene zweite Trio in c-Moll zeigt demgegenüber eine geschicktere Handhabung kompositorischer Kunstgriffe in Form, Harmonik und satztechnischem Detail (größere Eigenständigkeit des Celloparts). Nach dem dramatischen Kopfsatz lässt der versierte Pianist Ries im klangschönen As-Dur-Adagio das Klavier in effektvollen Fiorituren brillieren. Mit wenigen chromatischen Schritten führt er den Mittelsatz dann direkt ins prestissimo-Finale über, ein Perpetuum mobile im 12/8-Takt, das in seinem mitreißenden Jagd-Impetus an Finalsätze von Klaviersonaten Beethovens (Es-Dur op. 31/3) oder Schuberts (c-Moll D 958) erinnert.
Die Neuausgaben sind von Bert Hagels textlich kompetent ediert und weisen ein bestechend klares Druckbild auf. Bei genauerem Hinsehen lässt die Ökonomie der Zeichendistanzen allerdings zu wünschen übrig: Zusätzliche Vorzeichen oder kürzere Notenwerte in anderen Stimmen bedingen häufige und lesestörende grafische Asymmetrien vor allem im Klaviersatz. Die ausgleichende Hand des umsichtigen Setzers wäre an solchen Stellen nach wie vor gefragt. Gleichwohl dürften vor allem junge Ensembles, die sich auf Beethovens Anforderungen vorbereiten wollen, beide Ries-Trios als Repertoire-Erweiterungen begrüßen.
Rainer Klaas

