Stoll, Klaus

Klaus Stoll

unterrichtet und spielt Bogentechnik und Stile, Probespielrepertoire & Soli für Kontrabass

Rubrik: DVDs
Verlag/Label: nbb records
erschienen in: das Orchester 03/2010 , Seite 73

Klaus Stoll ist Solobassist der Berliner Philharmoniker, Solist, Kammermusiker u.a. bei den Berliner Barock Solisten. Er lehrte als Professor an der Berliner Universität der Künste, er unterrichtete am Salzburger
Mozarteum, an der Orchesterakademie der Berliner Philharmoniker, gibt zahlreiche Meisterkurse. Umso gespannter ist man da, wenn solch eine Kapazität eine DVD veröffentlicht, auf der man ihn nicht nur spielen sieht und seine Bogenführung minutiös verfolgen, sondern quasi an seinem Unterricht teilhaben kann.
Doch wenn man ehrlich ist, ist diese DVD vor allem eines: eine Anleitung und Demonstration für Probespielwillige, die sich die zahlreichen Probespielstellen genauestens Ab-Hören und die Bogentechnik Klaus Stolls Ab-Schauen können. Wobei das Abschauen nur frontal möglich ist. Denn nie wird der Bogenstrich von oben, also aus der Sicht des Bassisten gezeigt, was gerade an einer DVD-Produktion interessant gewesen wäre. Gefilmt wird ausschließlich frontal: Manchmal wird der Bassist komplett gezeigt, sehr oft – denn es geht schließlich darum, Bogentechnik zu demonstrieren – wird an den Bogen herangezoomt. Natürlich ist auch der gelegentlich begleitende Pianist bzw. Gitarrist manchmal zu sehen. Doch zurück zum Inhaltlichen.
Unterteilt ist dieses audiovisuelle “Lehrbuch” in sechs Kapitel. In den Kapiteln vier bis sechs führt Klaus Stoll die wichtigsten Probespielstellen für Orchester vor, unterteilt in Barock, Klassik, Romantik. Er demonstriert mehr oder weniger, denn Erläuterungen dazu, warum das entsprechende Stück diesen oder jenen Charakter habe, warum in dieser oder jener Zeit so gespielt wurde, gibt er keine. Und das ist ein großes Manko. Denn so erfährt man nur, dass dies oder jenes so sei bzw. bei den Berliner Philharmonikern oder aus “der Erfahrung” so gemacht würde. Das ist, mit Verlaub, für eine Lehr-DVD zu wenig. Denn Studierende sollten doch gerade nicht nur das Reproduzieren lernen, sondern lernen, umfassende musikalische Zusammenhänge zu erfassen. Dann doch lieber weniger Stellen vorspielen.
Stoll erzählt zwar in den ersten beiden Kapiteln einige Sätze über die verschiedenen Bögen und verschiedenen Stricharten, aber doch eher kursorisch, sehr zweckorientiert an einzelnen Beispielen. Ein Beispiel: Barock: Kein einziges Wort fällt zum Thema “Klangrede”, zur Ästhetik, zur Leichtigkeit oder zur dynamischen Balance, um nur wenige Beispiele zu nennen. Allein ein “wir müssen am leichtesten Teil des Bogens spielen” – damit es so klingt, wie es das Probespiel verlangt, denkt man sich hinzu. Warum man damals technisch anders spielte, was für eine Stilistik dahintersteckt, erfährt der Betrachter nicht. Das verwundert gerade dann, wenn man an die Bekanntheit Klaus Stolls nicht nur als Musiker, sondern auch als Lehrender denkt.
Schade, man hätte sich zumindest einen fundierten Überblick über verschiedene Bogentechniken gewünscht – mehr als die zwischendurch eingestreuten Informationen. Im Anschluss daran hingegen wäre eine solche Demonstration der vielen Probespieltechniken eine gute praktische Erläuterung und Vertiefung.
Nina Polaschegg