Schweitzer, Benjamin

Klar/Obskur

für Oboe, Fagott und Klavier

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Schott, Mainz 2007
erschienen in: das Orchester 11/2007 , Seite 87

Auf die Technik des Chiaroscuro in der Malerei bezieht sich Benjamin Schweitzer in seiner Komposition Klar/Obskur. Diese in Renaissance und Barock beliebte Technik erhebt das Gegeneinanderwirken von Hell und Dunkel zum Prinzip der Bildgestaltung. Hierbei wird die zeichnerische Schärfe der Polarität von Licht und Schatten mit ihren zahlreichen Abstufungen geopfert. Nun ist für die Doppelrohrblattinstrumente ja eher ihr plastischer und klar artikulierter Klang typisch. Auf der anderen Seite vermögen sehr gute Instrumentalisten mit Farben und Schattierungen zu zaubern. Mit diesem Zwielicht arbeitet Benjamin Schweitzer in seiner Komposition: Luftgeräusche, brüchige und verwaschene Farben setzt er bei den Bläsern ebenso gezielt ein wie die ganze Bandbreite von zarten bis perkussiven Elementen im Klavier. Durch die Gegensätzlichkeit der Instrumente entstehen im fortwährenden klanglichen Dialog zahlreiche Farben und Schattierungen.
Der junge Komponist und mehrfache Stipendiat schreibt den Musikern in seiner Partitur genauestens vor, was er von ihnen erwartet. Abgesehen von wenigen Soli mit grafischer Notation ist die ebenso komplexe wie anspruchsvolle Rhythmusstruktur klar notiert. Wie zufällig entfalten sich die oft überraschend zarten Gesten der Instrumente, hinter denen jedoch ein klares klangliches Konzept steht. Etliche moderne Spieltechniken bringt Schweitzer dabei zum Einsatz. Durch das phasenweise Spielen der Oboe in den Flügel hinein entstehen zusätzliche Färbungen.
Klar/Obskur zeigt einen klaren Aufbau. Zunächst werden in der kurzen Einleitung die kontrastierenden Grundelemente vorgestellt: ein klarer und scharfer Akkord, dem dunkle und leise Klänge gegenübergestellt werden. Vier weitere Abschnitte mit jeweils klarer Textur folgen, die deutlich voneinander getrennt sind. Immer wieder greift Schweitzer dabei auf das zu Beginn vorgestellte Material zurück, verarbeitet seine Motive und Elemente konsequent weiter und lässt dadurch immer neue Klangfarben entstehen.
Benjamin Schweitzer komponiert jedoch nichts Unmögliches. Er geht zwar in jeder Hinsicht gerne in die Extreme, hat sich allerdings mit den technischen Möglichkeiten und Grenzen von Blasinstrumenten und insbesondere der Oboe vertraut gemacht. So gibt er an etlichen Stellen genaue Griffe an, die naturgemäß eine Einstudierung wesentlich erleichtern. Im Fagottpart hingegen ist wesentlich mehr Entdeckergeist gefragt.
Etwa 230 Takte umfasst Klar/ Obskur; jede Stimme verfügt über eine komplette Partitur. Insgesamt ist die Komposition eine zwar schwierige und für Musiker wie Publikum anspruchsvolle, aber durchaus lohnende Erweiterung des eher spärlichen Repertoires für die Besetzung Oboe, Fagott und Klavier.
Marie-Theres Justus-Roth