Kreusch-Jacob, Dorothée
Kinder für Musik begeistern
mit Beiträgen von Giora Feidman, Hélène Grimaud, Peter Maffay, Bobby McFerrin, Thomas Quasthoff, Pepe Romeo u.a., mit CD
Es ist heutzutage nicht einfach, Kinder für klassische Musik zu begeistern, und es ist nicht einfach, ein Buch darüber zu schreiben. Schlägt man das vorliegende Buch mit seinem einladenden Cover auf, wird man vom Layout verwirrt, weil man versucht, den sinnfreien Verzierungen eine Ordnung zu unterstellen. Auch trägt Gedrucktes auf farbig unterlegtem Grund nicht zur Lesefreundlichkeit des Textes bei.
Um Kinder für Musik zu begeistern, hat Dorothée Kreusch-Jacob in bewährt warmherzig-fachkundiger Manier ihre Sicht der Dinge beschrieben. Dass sie Meisterin ihres Faches ist, hat sie über Jahrzehnte mit ihren Veröffentlichungen bewiesen. Dieses Mal hat sie sich wissenschaftlichen Beistand geholt. Wilfried Gruhn, Gerald Hüther, Hans-Günther Bastian und Wolf Singer entfalten ihre in der Fachwelt weithin bekannten und anerkannten Thesen zur Musikalisierung, zur Auswirkung von Musik auf die mental-neuronale Entwicklung, auf Konzentration, Körperbewusstsein und Selbstwertgefühl und plädieren damit für einen möglichst frühen Anfang der musikalischen Erziehung. Prominente Musiker wie Gidon Kremer, Thomas Quasthoff, Giora Feidman u.v.a. berichten über ihre musikalische Sozialisation und über den Einfluss, den Familie und Lehrer auf ihre Ausbildung genommen haben, über ihr Verhältnis zum Üben. Auch alle Künstler plädieren für einen frühen Anfang mit Musik, spielerisch und konsequent.
In einem praktischen Teil, der auch eine kleine Liedersammlung enthält, gibt Dorothée Kreusch-Jacob Anleitung zum Musikhören nach bewährtem handlungsorientierten Modell. Mitgeliefert wird eine CD mit 27 hörsamen Musikstücken, viel hübsche Klaviermusik, viel Programm, alle Piecen kindertauglich. Leider gibt es kein einziges Stück avantgardistischer Musik, obwohl gerade Kinder von vier bis zehn Jahren neuer Musik wunderbar unvoreingenommen und fantasievoll begegnen. Das ist eine verpasste Chance. Stillewerden, Zuhören lernen werden thematisiert, selbst Peter Maffay plädiert für Musik und Stille als Balsam für die Seele.
Skeptisch macht eine umfangreiche Bastelanleitung für Musikinstrumente, will man sie nicht als reine Beschäftigungstherapie begreifen. Der Transformationswert solcher Aktionen auf Musik tendiert gegen Null. Nun heißt der Titel Kinder für Musik begeistern was Kreusch-Jacob seit Jahrzehnten in ihren wunderbaren Veröffentlichungen gelungen ist und wendet sich damit an Erzieherinnen und Eltern. Den Erzieherinnen hier und jetzt hilft aber nur eine personelle Aus- und Fortbildung, denn ihr musikalischer Stand ist zum größten Teil derart jämmerlich, dass sie nicht einmal in der Lage sind, ein Lied anzustimmen.
Bleiben die interessierten Eltern. Lesen sie die Theorie? Sie werden aber vielleicht mit Vergnügen die ausgewählten Musikstücke mit ihren Kindern anhören. Damit wäre schon viel gewonnen und eine gute Grundlage geschaffen für weitere begeisterte Beschäftigung mit Musik.
Bärbel Becker