Bach, Johann Sebastian
Keyboard Concertos
BWV 1052, 1055, 1056, 1058
Die Cembalokonzerte von Bach, wiewohl keine Originalkompositionen für ein Tasteninstrument, sondern Bearbeitungen von Konzerten für ursprünglich andere Instrumente vor allem die Violine , markieren den Anfang des Standardrepertoires der Pianisten. Besonders das umfangreichste und gewichtigste, das in d-Moll BWV 1052, gehört sozusagen zu deren Pflichtprogramm und wird gerne gespielt. Das hat den Virtuosen auf dem modernen Konzertflügel auch die historische Aufführungspraxis nicht nehmen können.
Bach auf dem Klavier, auch Bachs Cembalokonzerte auf dem Klavier, das ist keine Frage zumal berühmte Bach-Pianisten in der Vergangenheit mit ihren exzeptionellen Wiedergaben diese Praxis zu legitimieren scheinen. Da fällt in erster Instanz der Name Glenn Gould. Der fällt auch gerne im Zusammenhang mit dem jungen französischen Pianisten David Fray. Denn auch er macht als Bach-Interpret von sich reden und zeigt im Konzertauftritt äußerlich gewisse Parallelen zu dem legendären Kanadier.
Interpretatorisch freilich gibt es wenig Analogien, wie die neue Bach-CD von David Fray mit der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen belegt. Die bringt die Klavierkonzerte d-Moll BWV 1052, A-Dur BWV 1055, f-Moll BWV 1056 und g-Moll BWV 1058. Fray fungiert zugleich als Leiter des Orchesters mit Konzertmeister Florian Donderer an der Spitze. Dem 29-jährigen Musiker gelingt hier eine überzeugende Verbindung von einer an vielfältigen Nuancen der Dynamik und des Anschlags reichen pianistischen Spielweise mit einer genuin barocken Klangrede. Es ist gerade kein romantisierender Bach und auch keiner eigensinnig privater Ansichten, vielmehr einer von äußerster Klarheit. David Fray weiß die Struktur und Ausdrucksgesten der Werke präzise umzusetzen. Er geht dabei sehr differenziert und feingliedrig vor, nie erscheint sein Spiel manieriert. Der Sprachcharakter der Musik ist stets gewahrt. Es ist eine außerordentlich lebendige und geistreiche Rhetorik, die David Fray in plastisch modellierten und eminent sensibel ausgespielten Gesten mit der stets sehr luftig und linear spielenden Deutschen Kammerphilharmonie entfaltet.
Die raschen Sätze überzeugen durch ihre hohe rhythmische Elastizität und ihre spritzige Frische, die nichts von trockener Motorik an sich hat. In den langsamen Mittelsätzen gelingt Fray das Kunststück eines überaus beseelten und empfindsamen Bach-Spiels, das nie die Fassung verliert und deshalb ausgesprochen authentisch erscheint. Es ist eine Bach-Aufnahme, die dank der Überzeugungskraft ihrer ganz auf die zwingende Vergegenwärtigung der Musik Bachs ausgerichteten Wiedergabe die Frage nach der Wahl des Instruments in den Hintergrund treten lässt.
Karl Georg Berg