Francis Poulenc

Kammermusik

Ensemble Arabesques und Paul Rivinius (Klavier)

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Farao classics
erschienen in: das Orchester 09/2019 , Seite 64

Aufnahmen der Bläserkammermusik von Francis Poulenc gibt es ausreichend auf dem Markt – nicht zuletzt deshalb, weil viele der Sonaten und größer besetzten Werke den Blasinstrumenten vom Komponisten in genialer Weise „auf den Leib“ geschrieben wurden. Und hört man die auf dieser CD versammelten Werke, so meint man schon an manchen Stellen auch so etwas wie den Baukasten von Poulencs deutlich größer besetzten Orchesterwerken herauszuhören. Dort, in den Konzerten und Balletten, scheint der Orchestersatz stets kammermusikalisch gedacht zu sein, während hier, in den Sonaten, dem Trio oder dem Sextett, mit ein paar wenigen Stimmen orchestrales Funkeln und dynamische Wucht erzeugt wird.

Am weitesten aufgefächert hat Poulenc seine Kammermusiksprache erwartungsgemäß im Sextett für Klavier, Flöte, Oboe, Klarinette, Fagott und Horn. Diesen französischen Klassiker der Dreißigerjahre des 20. Jahrhunderts spielen Paul Rivinius und das Ensemble Arabesques flüssig und reaktionsschnell, locker und äußerst sauber intonierend. Ihren Poulenc buchstabieren die sechs Musiker sauber aus, übertreiben es nicht mit dem jazzigen Drive, sondern stellen die drei Sätze eher in ein dezent avantgardistisches Licht. In den langsameren und leiseren Passagen hätte man sich das ein oder andere Mal vielleicht noch einen etwas geheimnisvolleren, weiter abschattierten Klang vorstellen können, doch stimmt hier zu jeder Zeit die Balance zwischen Bläsern und Klavier und innerhalb der Bläsergruppe.

Das in der Dekade vor dem Sextett entstandene Trio für Klavier, Oboe und Fagott gelingt sogar fast noch eine Spur überzeugender. Paul Rivinius, Nicolas Thiébaud und Christian Kunert spielen prägnant, nähern sich diesem Musterbeispiel neoklassizistischer Kammermusik äußerst geradlinig und fangen insbesondere die Motorik der Ecksätze blitzsauber ein.

Die zweite Hälfte dieses chronologisch aufgebauten CD-Programms bilden die drei zwischen 1956 und 1962 entstandenen Sonaten für Flöte, Oboe beziehungsweise Klarinette und Klavier. In der Flötensonate gelingt Eva Maria Thiébaud und Paul Rivinius eine in der Cantilena schön nachdenkliche Darstellung, die als konsequente Fortsetzung des Kopfsatzes und hübscher Kontrast zum leichtfüßigen Finale angelegt ist. Gaspare Buonomano schöpft das Klangspektrum seines Instruments in der Klarinettensonate behutsam aus und verzichtet auf allzu plakative Kontraste; überzeugend die zurückgenommenen Passagen, in denen er mit Paul Rivinius ein sehr homogenes Duo bildet.

Francis Poulencs Sonate für Oboe und Klavier gelingt Nicolas Thiébaud und Paul Rivinius zum Schluss meisterhaft. Die Elegie ist von nobler Melancholie durchzogen, wobei die Aufwallungen stets fein kontrolliert wirken. Perfekt akzentuiert zeigt sich der schnelle Mittelsatz, bevor Oboe und Klavier im Finale dann ganz konzentriert zu einem fast schon entrückten Zwiegespräch zusammenfinden.

Daniel Knödler