Henke, Matthias

Joseph Haydn

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: dtv, München 2009
erschienen in: das Orchester 12/2009 , Seite 60

Als buntes Kaleidoskop präsentiert der Musikwissenschaftler Matthias Henke seine neue Haydn-Biografie, die am augenfälligsten charakterisiert ist durch ihr Sonderformat und die vielen bekannten und weniger bekannten Abbildungen. Neben ganzseitigen Porträts, die den Komponisten zu jedem Kapitelanfang in fortschreitendem Alter zeigen, finden sich Porträts anderer, mit Haydn in Zusammenhang stehender Persönlichkeiten, zudem Abbildungen von Handschriften, Karten, Außen- und Innenansichten von Palästen, Titelblätter von Notenausgaben…
In zehn kurzen Kapiteln führt Henke seine Leser chronologisch durch Haydns Leben. Schon die bildreichen Überschriften wie „Im Feenreich – Kapellmeister und Fürst Nikolaus von Esterházy (1762-1767)“, „Eine Milchstraße voller Einfälle – Haydn in London (1790-1795)“ oder „Decrescendo – Letzte Jahre in Wien (1790-1795)“ künden von der spielerischen Sprache des Autors, die – bei aller, deutlich spürbarer Sympathie für sein Thema – nie ins Schwärmerische abdriftet. In Kauf nehmen muss man jedoch, dass die Überschriften nicht immer den Kern des Kapitels treffen.
Die grundsätzlich chronologische Darstellung bricht der Autor durch eine schlaglichtartige Erzählweise auf. Dabei überrascht es zunächst, dass die inhaltlich doch sehr überschaubaren Kapitel sich nicht strikt auf Haydn konzentrieren. Vergleichsweise viel Raum verwendet Henke auf die Schilderung sozialer, politischer oder geografischer Umstände und Brückenschläge zu anderen Künstlern oder Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens. So handelt beispielsweise Kapitel V „Presto – Kapellmeister unter Fürst Paul Anton von Esterházy (1760-1762)“ mehr von besagtem Herrscher, dessen Vorfahren und dem Leben bei Hofe, wohingegen Haydn und seine Musiker vorrangig in Hinblick auf Uniform und Unterbringung thematisiert werden. Neben zentralen biografischen Aspekten Haydns findet jedoch auch das kompositorische Schaffen Berücksichtigung. Passend zum jeweiligen Lebensabschnitt stellt Henke ein repräsentatives Werk, eine kompositorische Errungenschaft oder eine bevorzugte Gattung in den Vordergrund und vermag diese mit wenigen Absätzen eindrücklich zu charakterisieren.
Bereicherung findet der gesamte Text durch eine Marginalspalte mit passenden Zitaten insbesondere von Haydn selbst sowie von seinen frühen Biografen Georg August Griesinger und Albert Christoph Dies. Abgerundet wird das Buch durch einen Anhang, der neben den Quellennachweisen ein Personenregister bietet; eine Werkauswahl sowie eine Zeittafel vollziehen die inhaltliche Auswahl des Buchs nach.
Obwohl sich diese Biografie auf ausgewählte Aspekte beschränkt, entsteht nicht der Eindruck von Oberflächlichkeit. Vielmehr gelingt dem Autor durch geschickte inhaltliche Auswahl, lebendige Zeichnung und geschmeidige Verknüpfung eine mitreißende Intensität. So entsteht insgesamt ein abgerundetes Werk, ein farbenfrohes und vielseitiges Porträt aus markanten Strichen.
Astrid Bernicke