Dmitri Schostakowitsch
Jazz-Suites/Ballet Suites/Concertos
Vladimir Spivakov (Violine), Reinhold Friedrich (Trompete), Thomas Duis (Klavier), Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin, MDR Sinfonieorchester Leipzig, Gürzenich Orchester Köln, Deutsches Symphonie-Orchester Berlin, Ltg. Dmitrij Kitajenko, Steven Sloane, James Conlon, Lutz Köhler
Die Qualität der Suite für Jazz-Orchester Nr. 2 (Suite for Variety Orchestra) aus dem Jahre 1938 von Dmitri Schostakowitsch ist in der Aufnahme mit dem Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin unter der inspirierenden Leitung von Steven Sloane von verblüffender klangfarblicher Ausdruckskraft. Sehr expressiv wirkt die Wiedergabe der Orchestersuite Moscow Cheryomushki op. 105 aus dem Jahre 1957/58, in der die Ballett-Rhythmen am Ende dominieren. Schostakowitschs Sarkasmus erinnert an Prokofieff. Gustav Mahler blitzt bei der Al-fresco-Technik hervor. Ein konservativer Zug ist hier in der Harmonik spürbar – so auch in der Suite Tahiti Trot op. 16 als Paraphrase des Songs Tea for Two aus dem Musical No, no, Nannette von Vincent Youmans. Und die Suite für Jazz-Orchester Nr. 1 (1934) besitzt erstaunliche dynamische Kontrasteffekte, die der Dirigent Steven Sloane nicht übertreibt.
Originell ist auf dieser CD die kontrapunktisch verzwickte Suite aus dem Ballett The Bolt op. 27 a, die er im Jahre 1934 schrieb. Hier wird die Arbeit in einer sowjetischen Fabrik in sarkastischer Weise karikiert. Das Ironisch-Marionettenhafte triumphiert ebenso bei der Film-Suite The Tale of the Priest and his Servant Balda op. 36 aus dem Jahre 1933/34, die in Leningrad entstand. Energien ballen sich zu einem Sturm der Leidenschaft zusammen!
Das vorzügliche MDR Sinfonieorchester unter der energischen Leitung von Dmitrij Kitajenko macht die thematischen Entwicklungen präzis sichtbar. Pathetische Höhepunkte besitzt ferner die Suite The Golden Age (Das goldene Zeitalter) op. 22 a, die Schostakowitsch im Jahre 1930 ebenfalls in Leningrad komponierte. Reinhold Friedrich (Trompete) und Thomas Duis (Klavier) überzeugen zusammen mit dem Deutschen Symphonie-Orchester Berlin unter Lutz Köhler beim Konzert Nr. 1 für Klavier, Trompete und Streicher op. 35 aus dem Jahre 1933. Hier erweist sich Dmitri Schostakowitsch als ein Meister der konzertanten Form. Das Klavier gibt deutlich den Ton an. Die beiden Hauptthemen des ersten Satzes, Allegro moderato, bieten dabei eine bezaubernde Verschmelzung von westlichen und russischen Elementen. Zuweilen könnte dieser Aspekt auch noch stärker zum Vorschein kommen. Dies ist auch bei der feurigen Wiedergabe des Konzerts Nr. 1 für Violine und Orchester in a-Moll op. 77 der Fall, das Dmitri Schostakowitsch in den Jahren 1947/48 schrieb. Der Geiger Vladimir Spivakov musiziert dabei mit dem Gürzenich Orchester Köln unter der einfühlsamen Leitung von James Conlon wie aus einem Guss. Interessant sind vor allem die beiden Sätze Scherzo und Passacaglia, weil Schostakowitsch die formalen Besonderheiten subtil auslotet. Man kann diese Einspielung sehr empfehlen.
Alexander Walther


