Grabner, Hermann / Johann Nepomuk David / Gerard Bunk / Friedrich Klose
Jauchzt, alle Lande
Gegenüber vielen auf Hochglanz polierten Neuerscheinungen auf dem CD-Markt scheint diese Aufnahme beinahe wie aus der Zeit gefallen. Vier durchaus streng komponierte Orgelwerke des 20. Jahrhunderts aus Deutschland und Österreich hat der Nürnberger Kirchenmusiker Wieland Hofmann ausgegraben und möglicherweise zum ersten Mal eingespielt jedenfalls ist keine der Kompositionen derzeit anderswo auf Tonträger erhältlich. Zur Entdeckung wird die CD vollends durch den Einsatz von Blechbläsern, die an zweien der Werke eindrucksvoll partizipieren: keine abendfüllende Aufgabe für das Blechbläserensemble der Bamberger Symphoniker, dafür jedoch etwas ganz anderes als die sattsam bekannten Bearbeitungen, die viele Kollegen vorziehen.
Zu hören ist zuerst der 66. Psalm Jauchzt, alle Lande, Gott zu Ehren von Hermann Grabner (1886-1969), der auch Musikwissenschaftlern meist nur als Verfasser von Theorielehrwerken bekannt sein dürfte. Dass er in diesem Orgelwerk auf komplexe Kontrapunktik nicht verzichten würde, war daher schon vor dem ersten Höreindruck zu erwarten. Dennoch ist Grabners 66. Psalm kein auskomponiertes Theorietraktat, sondern ein reizvolles, konzertantes Opus in der neobarocken Tradition der deutschen Orgelschule.
Strenger und wie aus schwerem Eichenholz geschnitzt kommt dagegen Johann Nepomuk Davids (1895-1977) Introitus, Choral und Fuge für Orgel und Bläser daher, ein stark chromatisch angelegtes, kantiges Werk. Der Bezug zu Bruckner, der für David ein wichtiges Vorbild war, wird nicht sogleich deutlich, gelingt jedoch umso eindrucksvoller, wenn die Blechbläser nach neunminütigem Orgelsolo mit einem markanten Oktavthema einsetzen, das an den Schlusssatz der vierten Sinfonie erinnert und wie ein Fanal in das Stück einbricht.
Während der Österreicher David durchaus zu den wichtigen Komponisten des 20. Jahrhunderts zählt und auch ein bedeutender Kompositionslehrer war, wurde der gebürtige Holländer Gerard Bunk (1888-1958) mehr als Organist und Kirchenmusiker der Dortmunder Reinoldikirche bekannt, deren große Walcker-Orgel 1943/44 zerstört, später aber wiederaufgebaut wurde. Seine Legende für Orgel op. 29 ist deutlich farbiger instrumentiert und dem Mischklang verpflichtet als die anderen Werke der CD ein gut hörbares, bisweilen sogar schmissiges Stück. Den Abschluss bildet schließlich das Präludium mit Doppelfuge für Orgel und Bläser von Friedrich Klose (1862-1942), der nicht nur ein großer Bruckner-Verehrer, sondern sogar ein Schüler des Wiener Meisters war und ein Bruckner-Thema in den Mittelpunkt des Werks stellt. Auch hier setzen die Blechbläser erst zum triumphalen Höhepunkt der Doppelfuge ein, können dann aber noch mächtig strahlen und beeindrucken. Schade, dass man nicht die Namen der hervorragend aufgelegten Bamberger Blechbläser erfährt und auch ebenso wenig die Disposition der Kuhn-Orgel in der Nürnberger St.-Martin-Kirche. Doch schmälert das kaum den Wert dieser spannenden Entdeckung.
Johannes Killyen